Bundesrätin Viola Amherd knallt Berichte auf den Tisch
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Während Medienkonferenz:Bundesrätin Viola Amherd knallt Berichte auf den Tisch

Abgangs-Eklat beim VBS
Amherd reagiert trotzig und enerviert auf Kritik und Leaks

Eine trotzige Verteidigungsministerin, ein abtretender Nachrichtendienstchef, der sehr besorgt ist, viel Ärger über Leaks und ein zufriedener Armeechef: So verlief die denkwürdige Medienkonferenz, in der sich die VBS-Spitze öffentlich erklärte.
Publiziert: 13:55 Uhr
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Aktualisiert: vor 7 Minuten
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Sie räumen ihre Tische: Bundesrätin Viola Amherd und Armeechef Thomas Süssli.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Bundesrätin Amherd, Nachrichtendienstchef Dussey und Armeechef Süssli treten zurück
  • Luftwaffenchef Merz wird neuer Chef der Flugsicherung Skyguide
  • Süssli ist seit 2020 Armeechef, Dussey seit 2022 Nachrichtendienst-Chef
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So einen trotzigen Bundesratsauftritt gab es selten: Verteidigungsministerin Viola Amherd (62) knallte Bericht um Bericht auf den Tisch, als sie am Mittwoch vor die Medien trat. 

Der Hintergrund: In der Vergangenheit war mehrfach kritisiert worden, dass dem VBS die Strategie fehle. Das wollte Amherd kontern. Und sie trat den Beweis an, indem sie Strategiebericht um Strategiebericht auf den Tisch haute: Nur durch Wiederholung bringe man gewisse Dinge in die Köpfe der Leute, sagte sie und betonte mit Blick auf den vor ihr liegenden Papierstapel, dass es «solide planerische Grundlagen gibt». 

Amherd blieb auch für den Rest der Medienkonferenz launisch bis angriffig: Besonders störte sie, dass die Abgänge von Armeechef Thomas Süssli (58) und Nachrichtendienstchef Christian Dussey (60) bereits am Dienstag durch ein Leak bekannt geworden waren. Dies habe sie sehr belastet, sagte Amherd. Nur eine Stunde sei es gegangen vom Zeitpunkt, als das VBS die entsprechenden Unterlagen bundesratsintern aufschaltete, bis der erste Medienbericht kam. 

«Solche Prozesse sind nicht dazu geeignet, das Vertrauen im Bundesrat zu stärken», sagte sie. Der Bundesrat habe über Massnahmen gesprochen, damit künftig «so etwas nicht passiert». Auch Bundesratssprecher Andrea Arcidiacono (58) verurteilte namens der Landesregierung das Leak. Das VBS reichte gestern denn auch eine Strafanzeige gegen Unbekannt ein, wie Blick herausgefunden hat.

An der Medienkonferenz erklärten auch Armeechef Süssli und Geheimdienstchef Dussey ihre Rücktritte. Das waren die drei wichtigsten Punkte: 

1

Amherd sieht keinen Fehler bei der Kommunikation

Amherd wusste bereits seit rund einem Monat von den Kündigungen des Nachrichtendienstchefs und des Armeechefs. Es sei nicht nötig gewesen, den Bundesrat früher zu informieren, sagte sie. Einerseits bleibe immer noch genügend Zeit, um über die Nachfolge zu befinden. 

Andererseits hätten in der Zwischenzeit das WEF, die Münchner Sicherheitskonferenz und die Bundesratsferien stattgefunden. «Wie das schneller hätte gehen sollen, würde ich mir gerne erklären lassen.» Amherd hat mit Süssli sogar besprochen, ob man seinen Rücktritt erst nach der Wahl ihres Nachfolgers bekannt geben wolle. Sie hätten sich dann aber dagegen entschieden. 

2

Armeechef hat Ziele erreicht

Er habe festgestellt, dass er viele Ziele erreicht habe und dass eine Phase der Strategie abgeschlossen sei: So begründete Armeechef Thomas Süssli am Mittwoch vor den Medien in Bern seine Demission per Ende 2025. Die nächste Phase der Strategie solle dereinst sein Nachfolger bestimmen, sagte Süssli weiter. Ende 2024 habe er Bilanz gezogen und festgestellt, dass die Armee etwa im Cyberbereich und bei der Förderung der Drohnen Ziele erreicht habe. Ein Rücktritt nach sechs Jahren sei nicht aussergewöhnlich. Die Zusammenarbeit mit Amherd sei gut, wenn nicht sogar sehr gut gewesen, so Süssli weiter.

3

Der Nachrichtendienstchef ist besorgt

Nachrichtendienstchef Christian Dussey begründete seinen Rücktritt auf Ende März 2026 auch mit gewissen Ermüdungserscheinungen. Der Druck sei, gerade wegen des Ukraine-Krieges, massiv. Er gab aber auch zu, dass ihn das schlechte Abschneiden in der Mitarbeitendenbefragung schockiert habe. Laut Recherchen des Tages-Anzeigers stellen sich nur 35 Prozent der Mitarbeitenden hinter die oberste Führung rund um Dussey. 

Der Kampf gegen den Terrorismus sei eine Aufgabe, die unter den schwächelnden Finanzperspektiven des Bundes schwierig sei. Auch bringe die von ihm eingeleitete Reform im Nachrichtendienst noch nicht die gewünschte Leistung, gibt er selbstkritisch zu. Trotz einer kleineren Personalaufstockung blieben «grosse Lücken», sagte der Geheimdienstchef. «Diese Situation beunruhigt mich sehr.» Denn im internationalen Vergleich habe der Schweizer Geheimdienst einen Rückstand.



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