Das Verteidigungsdepartement VBS wird derzeit regelrecht durchgeschüttelt: Da waren gleich mehrere Rüstungsprojekte, die nicht liefen, wie sie sollten. Eins ums andere kam in den vergangenen Wochen ans Tageslicht. Das Departement von Bundesrätin Viola Amherd (62) wurde zunehmend zum Selbstverteidigungsdepartement.
Hinzu kamen Reformpläne zum Dienstmodell, die von den sechs anderen Bundesräten zerzaust wurden. Zunehmend geriet die Armee in den vergangenen Monaten in die Mangel der Finanzkontrolle und mehrerer Parlamentskommissionen. IT-Pannen wurden bekannt, die Finanzdelegation des Parlamentes listete gleich sieben Projekte auf, bei denen sie sich besorgt zeigte. Und am Dienstag kam aus, dass es massive Aufsichtsprobleme rund um die Ruag MRO gibt.
Neuer VBS-Chef muss auf Personalsuche
Das hat nun offenbar Folgen in der obersten Führungsriege. Nicht nur Verteidigungsministerin Viola Amherd räumt ihren Posten: Auch Armeechef Thomas Süssli (58) nimmt auf Ende 2025 seinen Hut, wie die NZZ berichtet. Ebenso reicht offenbar der Chef des Nachrichtendienstes, Christian Dussey (59), seinen Rücktritt auf Ende März 2026 ein. Damit bleibt an der Spitze des Departementes kein Stein auf dem anderen.
Der neue Verteidigungsminister wird dann nach einer relativ kurzen Einarbeitungszeit auch einen Armeechef bestellen können, der nicht nur nach seinem Gusto arbeitet, sondern auch unbelastet von früheren Vorgängen ans Werk gehen kann.
«Gibts für Süssli jetzt Saures?», hatte Blick nach dem Amherd-Rücktritt bereits Mitte Januar gefragt und festgestellt: Die Baustellen im Verteidigungsdepartement dürften den Armeechef nach dem Rücktritt der Chefin noch verstärkt unter Druck setzen. Beim Nachrichtendienst wiederum hatte eine Reorganisation für internen Unmut gesorgt. Dussey ist seit April 2022 Direktor des Geheimdienstes.
Die Wahl war überraschend gekommen
Amherd hatte 2019 mit der Wahl Süsslis zum neuen Armeechef viele überrascht. Die Verteidigungsministerin hatte altgedienten Offizieren einen Quereinsteiger vor die Nase gesetzt. Noch dazu einen, dem kein Geruch von Pulverdampf anhaftet. Süssli war damals erst seit vier Jahren Berufsmilitär. Er hatte unter anderem eine Sanitätskompanie kommandiert und war Chef der Cyber-Defence.
Ursprünglich lernte Süssli Chemielaborant, dann bildete er sich zum Wirtschaftsinformatiker weiter. Er machte Karriere in der Finanzbranche, bevor er in die Armee wechselte. Süssli ist verheiratet, Vater von zwei Kindern und wohnt in Oberkirch LU.
Amherd hatte sich ganz bewusst für Süssli entschieden: «Er kann grosse Projekte umsetzen und ist ein Kenner der Cyber-Defence.» Die Abwehr von Angriffen im Internet sei eine zentrale Herausforderung. Dass Amherd Süssli durchgeboxt habe, habe die beiden zur «Schicksalsgemeinschaft» zusammengeschweisst.
Mehr Geld, mehr Cyberabwehr
Am Anfang hatte es Süssli nicht ganz einfach in der Armee. Unter seiner Führung aber bekam die Armee ein teilweise offeneres Bild, das Cyberkommando wurde geschaffen, und schliesslich beschloss das Parlament eine Finanzspritze, um die Armee wieder verteidigungsfähig zu machen. Und während Covid kam es zur grössten Mobilmachung seit dem Zweiten Weltkrieg. Süssli sah die Armee auch eingebettet in einen europäischen Verteidigungsraum. Die Schweiz nahm deshalb an Nato-Übungen teil.
Noch im Januar bezeichneten es verschiedene Sicherheitspolitikerinnen und -Politiker als falsches Signal, wenn Süssli zurücktreten würde. Gerade mit Amherds Rücktritt würde innert kurzer Zeit zu viel Know-how verloren gehen. «Ich schätze den Chef der Armee aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit so ein, dass er den Karren selber wieder flott machen will», sagte etwa die Zürcher SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf (56) der NZZ.