Was aus der Klimawahl 2019 geworden ist
Nach der Party folgt der Kater

Die grünen Parteien traten 2019 mit dem Ziel an, die Klimapolitik voranzutreiben und wirksame Massnahmen im Gesetz zu verankern. Nach vier Jahren ist von diesem Anspruch wenig übrig geblieben.
Publiziert: 18.07.2023 um 20:38 Uhr
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Aktualisiert: 19.03.2024 um 13:12 Uhr
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2019 erfasste eine grüne Welle die Schweiz. Im Bild: Die beiden Nationalrätinnen Regula Rytz (r.) und Natalie Imboden freuen sich über den Wahlsieg.
Foto: keystone-sda.ch
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Nicolo CarleRedaktor Videoformate Blick TV und Newsroom-Planer

Im Herbst 2019 erfasste eine grüne Welle die Schweiz: Grüne und Grünliberale feierten einen historischen Sieg und stellen seitdem 44 von 200 Nationalräten – doppelt so viele wie zuvor. Entsprechend ambitioniert gingen die Öko-Parteien in die Legislatur: Jetzt gehe es vorwärts in der Klima- und Umweltpolitik!

Schon eineinhalb Jahre später folgte die Ernüchterung: Das CO₂-Gesetz, das den Treibhausgas-Ausstoss in fast allen Bereichen reduzieren sollte, scheiterte an der Urne. Die Neuauflage, die demnächst ins Parlament kommt, ist schwammig und kaum ambitioniert. Die wichtigsten Neuerungen sind die Förderung von Fernwärmenetzen und Ladestationen für E-Autos.

Stromkrise verleiht neuen Schub

Allerdings haben der Ukraine-Krieg und die darauf folgende Stromkrise der Klimapolitik neuen Schwung verliehen. Das Parlament beschloss eine Offensive für Solar- und Windenergie, um die Stromversorgung für den Winter zu sichern. Ausserdem schraubte es die langfristigen Ausbauziele für die erneuerbaren Energien nach oben.

Ob diese je Realität werden, steht allerdings in den Sternen: Schon werden alpine Solaranlagen redimensioniert, Windräder bekämpft. Selbst im Klimaschutzgesetz, das im Juni vom Volk angenommen wurde, sucht man griffige Massnahmen vergebens.

«Die Klimawahl war eher ein Hype»

Das sehen auch die Umweltpolitiker der Klima-Allianz so. «Treiber des Fortschritts im Klimaschutz während dieser Legislaturperiode war weniger das Wahlergebnis von Oktober 2019, sondern vielmehr die Stromkrise», gibt Roger Nordmann (50), Fraktionspräsident der SP, zu. Zufrieden ist er nicht. Das Parlament hätte laut ihm mehr tun müssen.

Mitte-Umweltpolitiker Stefan Müller-Altermatt (47) mag nicht ganz so schwarz sehen. Doch auch er gibt zu, dass die Legislatur nur «auf Umwegen klimapolitisch ein Erfolg» geworden sei. Auch GLP-Präsident Jürg Grossen meint, dass sich die Resultate mit dem Klimaschutzgesetz, dem Solar- und Windexpress sehen lassen könnten. Zumal die Erwartungen an die grüne Welle überzogen gewesen seien. «Die Klimawahl war eher ein Hype.»

Da widerspricht die grüne Ständerätin Lisa Mazzone (35): Die Wahl 2019 habe das Thema definitiv auf die politische Agenda gesetzt, seither sei der Klimaschutz ständiger Begleiter. Das Scheitern des CO₂-Gesetzes sei deshalb umso bitterer gewesen. Auch weil die Neuauflage des Gesetzes zu wenig weit geht: «Falls das Gesetz nicht strenger wird, wird die Schweiz ihre Klimaziele nicht erreichen.»

Umweltparteien konnten Wahlsieg nicht ummünzen

Fragt man ausserhalb des Parlaments nach, fällt die Bilanz kritischer aus: «Auf die gewaltigen Probleme, die durch die Klimaerwärmung und das Artensterben auf uns zukommen, hat unser Parlament in dieser Legislatur keine adäquaten Antworten gefunden», meint etwa die Umweltorganisation Pro Natura.

Den Umweltparteien ist es nicht gelungen, ihren Wahlsieg in eine mehrheitsfähige Politik umzumünzen. Es bleibt nur der Zweckoptimismus. «Die nächsten vier Jahre werden zur Schlüssellegislatur für das Klima», sagt Mazzone, sie hofft auf eine erneute Klimawahl im Herbst. Sollten die Grünen jedoch so stark verlieren und die GLP so wenig dazugewinnen, wie die Umfragen zeigen, wird es für die Klima-Allianz schwieriger werden.

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