Diesen Donnerstag ist der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (45) im Nationalratssaal – jedoch nur per Video zugeschaltet.
Die SVP-Fraktion zieht es vor, zu dieser Zeit nicht im Saal zu sein. Ihre Mitglieder können dann beispielsweise in der Wandelhalle verweilen, wo sich Journalistinnen und Lobbyisten jeweils mit Parlamentariern austauschen.
Doch diesmal ist es anders. Wie die Parlamentsdienste mitgeteilt haben, dürfen Medienschaffende von 13 bis etwa 14.30 Uhr nicht mehr in die Wandelhalle und deren Vorzimmer – aus «Sicherheitsgründen». Während der Rede Selenskis dürfen die Journalisten nur auf die Pressetribüne. Im Klartext: Bitte still sein und zuhören. Diese Behinderung der Arbeit der Medienschaffenden ist eine Beschneidung der Pressefreiheit.
Plötzlich gefährlich?
Offenbar geht aus Sicht der Parlamentsdienste von Journalisten eine Gefahr aus. Doch weshalb hält man sie plötzlich für gefährlich, nur weil auf den Bildschirmen in der Wandelhalle für einmal statt des Gesichts des Nationalratspräsidenten Martin Candinas (43, Mitte) jenes von Selenski zu sehen ist?
Die Parlamentsdienste machen keine Angaben, warum akkreditierte Bundeshausjournalistinnen und -journalisten während der virtuellen Rede keinen Zugang zur Wandelhalle haben.
Bitte nicht stören!
Mark Stucki, Sprecher der Parlamentsdienste, erklärt, über das Sicherheitsdispositiv könne man keine Auskunft geben. «Es basiert auf aktuellen Lageeinschätzungen und Empfehlungen der Fachleute und wurde durch die gemäss Hausrecht vorgesehen Stellen genehmigt» – also vom Leitungsgremium von National- und Ständerat.
Und weiter: «Seitens Kommunikation war es wichtig, den Zugang der Medien via Pressetribünen jederzeit sicherzustellen.» Die Rede würde ja bloss die Mittagspause und nicht den ordentlichen Sessionsbetrieb betreffen. Der Anlass mit Selenski sei nicht Teil der öffentlichen Ratsverhandlungen.
Diese Argumentation vermag nicht wirklich zu überzeugen. Der ukrainische Präsident plaudert schliesslich nicht einfach so mit ein paar Schweizern, sondern richtet sich an die gewählten Volksvertreter. Da hat die Presse offenbar zu schweigen.