Sie ist ein grosses Privileg: die direkte Demokratie der Schweiz. Bei Abstimmungen und Wahlen entscheidet das Volk. Doch manche scheitern bereits beim Ausfüllen des Wahlzettels. Über 40’000 Personen haben bei den Wahlen 2023 einen ungültigen Zettel eingelegt. Das entspricht mehr als 1,5 Prozent aller Personen, die gewählt haben.
Beim Urnengang 2019 waren es noch 29’000 Personen (1,1 Prozent), die beim Ausfüllen des Wahlzettels gescheitert sind. Also deutlich weniger. Daher will die Bundeskanzlei nun abklären, was die Gründe dafür sind, heisst es in einer Mitteilung.
Für die Grünen haben die Wahlen bittere Konsequenzen
Als Stolpersteine dürften sich die enorme Anzahl an Kandidierenden und die vielen Listenverbindungen erwiesen haben. Über 5900 Personen wollten ins nationale Parlament einziehen. Ein neuer Rekord. Und das auf mehr als 600 Listen. Hinzu kommen 80 Listenverbindungen und 118 Unterlistenverbindungen.
Viele Listen als Wahltaktik
Mit der schieren Anzahl an Kandidierenden verfolgten die Parteien ein klares Ziel: Wählende mobilisieren. So soll letztlich die Grossmutter, die Tante und im besten Fall noch der Arbeitskollege jedes Kandidaten, jeder Kandidatin an die Urne gehen – und zwar für die oft chancenlosen Kandidierenden stimmen, aber indirekt vor allem für deren Partei. Insbesondere die Mitte-Partei fiel im diesjährigen Wahlkampf durch eine hohe Listenanzahl auf, genauso wie bereits 2019.
Doch die Wahltaktik behagt nicht allen Parteien. Insbesondere die Listenverbindungen führen zu Diskussionen. Erst am Wochenende hat die SVP bei der Delegiertenversammlung entschieden, diese zu bekämpfen. Mit der Begründung, dass Verbindungen nicht eindeutig den Wählerwillen abbilden würden.
Höhere Wahlbeteiligung 2023
Ebenso hatte sich FDP-Präsident Thierry Burkart (48) in der Vergangenheit kritisch zu Listenverbindungen geäussert. Dabei geht es den Bürgerlichen auch um Machtpolitik. Denn die stärkeren Parteien verlieren tendenziell eher durch Verbindungen, während die Kleineren profitieren. Zum Beispiel hätte die EDU in Zürich nun einen Sitz weniger und die SVP einen mehr, wenn es die Verbindungen nicht gäbe.
Letztlich ist für die höhere Anzahl ungültiger Wahlzettel nicht nur das Listenchaos verantwortlich. Denn im Vergleich zu 2019 gingen dieses Jahr auch mehr Menschen wählen: über 2,6 Millionen. Vor vier Jahren waren es 2,46 Millionen Personen. Das entspricht einer Wahlbeteiligung von 46.7 Prozent. 2019 waren es 45.1 Prozent. Somit gingen beinahe 150’000 Menschen mehr an die Urne. Und das trotz Prognosen im Voraus, gemäss denen die Wahlbeteiligung hätte abnehmen sollen.