Natürlich hadert Mitte-Nationalrat Philipp Kutter (47) immer wieder mal auch mit seinem Schicksal. Vier Monate sind vergangen, seit er im Februar auf der Skipiste in Scuol GR schwer verunfallte. Diagnose: Vierter und fünfter Halswirbel sind gebrochen, sein Rückenmark ist verletzt, aber nicht durchtrennt. Beide Beine sind gelähmt. Den rechten Arm kann er wieder etwas bewegen. Der linke Arm funktioniert, «was gut ist für einen Linkshänder».
Kutter aber hat seinen Lebensmut nicht verloren. Das beweist er seither immer wieder, am Donnerstag auch in der SRF-Sendung «Gredig direkt». Aber es gibt auch dunkle Momente: «Man hadert natürlich», erzählt Kutter dort. «Man schimpft sich Idioten. Wir haben nämlich noch diskutiert, ob wir in der Bergbeiz eine Crèmeschnitte essen sollen.» Weil das Wetter so schön war, ging es aber nochmals auf eine Abfahrt. «Im Nachhinein hätten wir vielleicht besser die Crèmeschnitte essen sollen.»
Seinen Zielen bleibt er treu
Hätte, wäre, würde. Er lasse solche Situationen zu, solche Gedanken, sagt Kutter. «Aber dann tue ich sie wieder in die Schublade. Sie bringe mir nichts. Ich komme so nicht vorwärts.» Gerade auch wegen seiner Frau und der beiden Töchter sei klar, dass er nun nicht einfach trauern könne. «Ich habe ja eine Verantwortung.»
Seit seinem Unfall wird Kutter im Paraplegikerzentrum in Nottwil LU behandelt. Auch mit Rollstuhl sei für ihn aber immer klar gewesen, dass er weiter politisch tätig sein will. Er ist nicht nur Stadtpräsident von Wädenswil ZH und Nationalrat, er will im Oktober in den Ständerat gewählt werden. «Das sorgt dafür, dass ich ein Ziel habe. Das gibt Halt», erzählt er SRF-Moderator Urs Gredig (53). Auch wenn der Wahlkampf ein anderer sein werde als alle bisherigen.
«Da ist für mich der Himmel aufgegangen»
Ein solcher Schicksalsschlag zeige zudem auf, worauf es im Leben wirklich ankommt. «Ich habe nach dem Unfall meine Notizen durchgesehen und festgestellt, mit wie vielen Nichtigkeiten ich mich in meinem Alltag befasst habe», sagt Kutter. Ihm sei bewusst geworden, dass er fokussierter aufs Wesentliche durchs Leben gehen möchte – und nicht auf tausendundeiner Hochzeit auch noch tanzen will.
Nun kämpfe er um jeden kleinen Fortschritt, geniesse diese auch sehr bewusst. «Ein Glücksmoment war für mich, als ich meinen linken Arm besser bewegen konnte», sagt Kutter. Endlich konnte er seine beiden Kinder umarmen, sie nahe haben, spüren. «Da ist für mich der Himmel aufgegangen.» Vorher habe er das nie derart intensiv erlebt. «Das war ein Glücksmoment, der unbezahlbar ist.» (dba)