Urner wehren sich mit Gotthard-Reservationssystem gegen Monster-Stau
«Uns reicht es jetzt!»

Die Urner haben genug: Mit einer Standesinitiative wenden sie sich an den Bund, damit sie dieser endlich vom Stau befreit. An Vielfahrertagen sind die Autokolonnen in den Dörfern unerträglich.
Publiziert: 19.04.2023 um 19:55 Uhr
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Aktualisiert: 20.04.2023 um 00:38 Uhr
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Die Urner leiden unter dem Verkehr am Gotthard.
Foto: keystone-sda.ch
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Sermîn FakiPolitikchefin

Drei Kilometer im Norden. Neun Kilometer vor dem Südportal. Stau am Gotthard gehört für Automobilisten an Ostern, Auffahrt, Pfingsten und in den Sommerferien einfach dazu.

Für die Menschen, die zwischen Erstfeld UR und Göschenen UR leben, sind Autokolonnen nervenaufreibender Alltag. An solchen Vielfahrertagen brummt es unablässig vor ihren Gärten und Schlafzimmerfenstern. Staut es sich vor dem Nordportal, fahren Automobilisten und LKW-Chauffeure von der A2 ab und verstopfen die Kantonsstrasse.

«Unhaltbare Zustände»

Nun haben die Urner genug: Am Mittwoch hat sich das Kantonsparlament für eine Standesinitiative ausgesprochen, die ein Buchungssystem für Gotthard-Durchfahrten fordert. Einstimmig. Eine «Sensation» nennt das der Urner Mitte-Nationalrat Simon Stadler (34). Auf den zweiten Blick ist diese aber nachvollziehbar: «Die Zustände im Oberland sind nicht mehr haltbar», sagt er. «Früher staute sich der Durchgangsverkehr nur in Göschenen und Wassen UR, heute ist ab Erstfeld der halbe Kanton blockiert.»

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Von unhaltbaren Zuständen sprach auch die Urner Ständerätin Heidi Z'graggen (57) in der vergangenen Herbstsession: Die Staustunden, rechnete sie vor, hätten seit 2019 um 31 Prozent zugenommen. «Zeitweise gibt es für die einheimische Bevölkerung kein oder fast kein Durchkommen. Sehr kritisch könnte die Situation werden – bis jetzt sind wir Gott sei Dank davor bewahrt worden –, wenn Feuerwehr, Polizei, Not- und Rettungsdienste, die Dörfer und die Gemeinden des Urner Oberlandes nicht mehr erreichen könnten.»

Härtetest an Pfingsten

Es ist nicht so, als hätten die Urner nicht schon längst versucht, dem Problem Herr zu werden. Seit Jahren wird die Autobahneinfahrt Göschenen gesperrt, sobald der Stau drei Kilometer erreicht. Auch bei den Autobahnausfahrten in Amsteg UR und Erstfeld wird der Verkehr dosiert. Seit Anfang April werden in einem Pilotprojekt weitere Massnahmen getestet, etwa die Sperrung der Einfahrt Wassen und ein Tempolimit auf der Autobahn von 80 Kilometer pro Stunde ab acht Kilometer Stau.

Ein wenig scheint das zu wirken. «An Ostern hatte es weniger Verkehr auf der Kantonsstrasse», sagt die grüne Landrätin Eveline Lüönd (44). «Doch was die Massnahmen wirklich wert sind, zeigt sich erst, wenn der Pass offen ist. Aus ihrer Sicht braucht es ohnehin eine konsequentere Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene und weniger Individualverkehr.

«Ostern war nur der Vorbote für den Sommer», sagt auch Nationalrat Stadler. «Wenn an Pfingsten erst der Pass offen ist, werden wieder Zehntausende Autos die Dörfer verstopfen.»

«Zeichen Richtung Bern»

Die Idee zum Reservationssystem hatte der Urner FDP-Landrat Ludwig Loretz (59). «Es ist vor allem ein Zeichen Richtung Bern, dass es so nicht mehr weitergehen kann», sagt er. Er hofft, dass seine Idee nun zumindest beim Bund geprüft wird.

«Das Reservationssystem ist mal ein erster Vorschlag», sagt auch Mitte-Nationalrat Stadler. Vielleicht, kontert er Kritiker, würden auch andere Wege wie eine dynamische Tunnel- oder Passgebühr zum Ziel führen. «Doch wer jetzt ausruft, dem sage ich als Urner: Dann bring eine andere Lösung. Uns reicht es jetzt!»

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