Ab heute haben Clubs, Kinos, Fitnesscenter, Sportveranstalter oder Beizen die Wahl: Wollen sie nebst Geimpften, Genesenen auch getestete Personen hereinlassen, dazu gilt Maskenpflicht und Konsumationsverbot im Stehen? Oder beschränken sie den Zugang auf Geimpfte und Genesene – und können dafür auf weitere Einschränkungen verzichten?
Für die Clubs ist der Entscheid klar. Sie hatten sich für die freiwillige Einführung der 2G-Regel starkgemacht, weil die Sitzpflicht beim Essen und Trinken für sie verheerend wäre. Aber auch in anderen Betrieben und an Veranstaltungen ist 2G schon die Regel – oder es ist damit zu rechnen, dass die Beschränkung nun eingeführt wird. Die Stimmen werden zudem lauter, die fordern, dass 2G zur Pflicht wird, wenn sich die Situation weiter verschlechtert.
Ohne Masken mehr Ansteckungen»
Aus epidemiologischer Sicht ist der Nutzen dieser Verschärfung allerdings umstritten. Marcel Salathé, Epidemiologe an der ETH Lausanne, gibt im «Tages-Anzeiger» zu bedenken, dass die Infektionszahlen mit 2G statt Maskenpflicht steigen könnten, statt zu sinken. «Ohne Masken wird man auf jeden Fall mit mehr Ansteckungen rechnen müssen als mit Masken.» Aus Sicht von geimpften oder genesenen Personen werde 2G nur sehr limitiert mehr Sicherheit bringen.
Auch der Genfer Epidemiologe Antoine Flahault sagt: «Wenn 2G den Eindruck erwecken sollte, dass die Menschen Massnahmen wie Masken und Distanz vernachlässigen können, und wenn die Betreiber von Clubs und Bars glauben, auf Messgeräte und eine effiziente Belüftung ihrer Lokale verzichten zu können, dann könnte sich 2G als kontraproduktive Massnahme erweisen, die zu einer erhöhten Risikobereitschaft der Gäste und insgesamt zu mehr Ansteckungen führt.»
«Massnahme, die Impfkampagne ankurbeln soll»
2G könne höchstens insofern etwas zur Bewältigung der Pandemie beitragen, als dass der Druck auf Ungeimpfte erhöht werde. «Es scheint mir eher eine Massnahme zu sein, die die Impfkampagne ankurbeln soll», so Flahault, der an der Uni Genf das «Global Health»-Institut leitet, zum «Tages-Anzeiger». In diesem Sinne «kann sie wirksam sein, da es in der Schweiz immer noch zu viele ungeimpfte Personen gibt».
Angesichts der derzeitigen Situation sei es keinesfalls an der Zeit, die Massnahmen zu lockern, sagt Flahault. «Im Gegenteil, sie müssen verschärft und miteinander kombiniert werden, um ihre Wirksamkeit zu erhöhen.» Denn die Impfung verringere zwar das Infektionsrisiko, doch verhindere es dieses nicht. Der Epidemiologe spricht sich für eine verschärfte 2G-Regel aus: Zutritt zu Veranstaltungen und öffentlichen Einrichtungen sollen nur noch Genesene erhalten und Personen, die nicht nur zweimal, sondern dreimal geimpft sind.
Cerny sieht positive Aspekte
Während Flahault und Salathé 2G eher kritisch sehen, findet Virologe Andreas Cerny aus Lugano TI die Massnahme sinnvoll. Er argumentiert, dass Getestete falsch negativ sein könnten – der Test also keine Corona-Ansteckung anzeigt, obwohl jemand eigentlich infiziert ist. Zudem seien Getestete an 3G-Veranstaltungen besonders exponiert, sagt Cerny in einem Videobeitrag von «CH Media». Es bestehe das Risiko, dass sie durch Geimpfte, die trotzdem das Virus in sich tragen können, angesteckt werden. 2G sei also «ein Schutz für diejenigen Personen, die nicht geimpft oder genesen sind». (lha)