Ungerechte BLS-Sparmassnahme
Boni für fehlbare Chefs – Schiffspersonal wird Ferien gekürzt

Das versteht niemand: Die BLS will von fehlbaren Chefs keinen Franken der Boni zurückfordern. Kleine Angestellte der Schifffahrtssparte sollen hingegen auf Ferien verzichten.
Publiziert: 29.10.2021 um 10:04 Uhr
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Die Mitarbeitenden der BLS-Schifffahrt sollen bluten müssen.
Foto: Keystone
Pascal Tischhauser

Das Berner Verkehrsunternehmen BLS bewirbt sich scheinbar um den Titel der unbeliebtesten Schweizer Firma: Die BLS hatte nicht nur jahrelang bei den staatlichen Abgeltungen getrickst und dadurch zu hohe Subventionen eingestrichen. Nein, jetzt sollen die damaligen Topkader um Ex-Chef Bernard Guillelmon für diese Zeit auch noch belohnt werden und die vollen Boni erhalten, wie die «Berner Zeitung» und «Bund» berichteten.

Es gibt einen riesigen Subventionsskandal und keiner muss dafür bluten? So ist das bei der BLS natürlich nicht. Bluten müssen die kleinen Angestellten – und zwar diejenigen des Schifffahrtssektors.

In Folge der Corona-Pandemie schloss die BLS das Jahr 2020 mit einem Millionenverlust ab. Aus diesem Grund wollte das hauptsächlich dem Kanton Bern und dem Bund gehörende Verkehrsunternehmen seinen Angestellten ans Portemonnaie. Diese wehrten sich jedoch gegen Lohnkürzungen.

Personal muss helfen

Nun zwackt die BLS den Mitarbeitenden im Bereich Schifffahrt statt 300'000 Franken eine Woche Ferien ab, wie das Unternehmen auf Blick-Anfrage bestätigt. Begründung: «Die Schifffahrt ist von der Corona-Pandemie überproportional stark betroffen.» Die finanzielle Unterstützung von Bund und Kantonen decke nur einen Teil des Verlusts, den Rest müsse das Unternehmen aus eigener Kraft decken. Dazu muss das Personal seinen Teil beitragen.

«Die BLS hat sich zusammen mit der Gewerkschaft SEV und Mitarbeitenden-Vertreter auf Massnahmen geeinigt, um den finanziellen Verlust vorübergehend abzufedern.» Dieses Jahr werde der Betrieb in den Werften am Thuner- und am Brienzersee eine Woche früher für die Festtagsbrücke eingestellt, danach bauten die Mitarbeitenden Überzeiten ab. «Im Jahr 2022 verzichten die Mitarbeitenden einmalig auf eine Ferienwoche. Im Gegenzug erfolgen bis Ende 2023 keine Kündigungen aus betrieblichen Gründen.» Und die Kaderangestellten verzichteten 2021 und 2022 auf je eine Woche Ferien.

49 Millionen zurückgezahlt

Zur Erinnerung: Die BLS hatte dem Bund, Bern und weiteren Kantonen zur Bereinigung der Subventionsaffäre 49 Millionen Franken zurückzahlen müssen. Vor etwas mehr als einem Jahr trat CEO Guillelmon zurück, und auch der Verwaltungsratspräsident Rudolf Stämpfli ging einige Zeit darauf.

Die BLS und mit ihr der heutige Verwaltungsrat um Präsident Ueli Dietiker machte wegen eines Konzernverlusts von 50,8 Millionen Franken fürs Corona-Jahr 2020 diesen Frühling die hohle Hand beim Bund. Wie er in einem Interview sagte, hätte die BLS für den Personentransport, den Autoverlad am Simplon und für die Schifffahrtssparte gern 15 Millionen erhalten. Allein für die Schifffahrt wurden ihr laut «Berner Zeitung» 1,3 Millionen zugesprochen.

Garnieren statt brillieren

Zum Vergleich: In den Jahren, als die BLS zu hohe Subventionen eingesteckte, sackte der frühere BLS-Chef Bernard Guillelmon jährlich 100'000 Franken an variablen Lohnbestandteilen ein. Für die anderen Geschäftsleitungsmitglieder gab es 50'000 Franken pro Jahr.

Im Regional- und im Ortsverkehr hatte die BLS von 2012 bis 2018 aktiv vergessen, die Halbtax-Erlöse aus dem «Libero»-Tarifverbund in ihre Abgeltungsgesuche einzurechnen. So konnte die BLS zu hohe Subventionen einstreichen. Und: Laut einem vom Wirtschaftsprüfer PWC durchgeführten Untersuchung wusste die BLS-Geschäftsleitung seit Frühling 2017 von dieser Verfehlung.

Verwaltungsrat mag kein Topkader-Geld

Dennoch will der Verwaltungsrat von Guillelmon und Co. kein Geld zurückfordern. Es fehle dazu eine entsprechende Klausel in den Verträgen. In den Tamedia-Zeitungen sagt Wirtschaftsrechtsprofessor Peter V. Kunz jedoch: Einerseits könnte die BLS eine Täuschung durch die Boni-Empfänger geltend machen, um die Zahlungen gerichtlich anzufechten und zurückzufordern. Andererseits könnten solche Klagen angedroht werden, um in der Folge auf Verhandlungsebene eine freiwillige Rückzahlung zu erreichen.

Aber offenbar macht die BLS lieber beim Steuerzahler die hohle Hand – schliesslich hat man diesen ja zuvor auch schon jahrelang unrechtmässig gemolken. Und eben: Auch die Mitarbeitenden können ja mal bluten.

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