Die Energiewende solle nicht zulasten der Natur und der Demokratie gehen, sagten die Gegner der Vorlage. Das Stromgesetz, welches auch bekannt ist als «Mantelerlass», erleichtere die Rodung von Wäldern, ermögliche die Verwüstung von Landschaften und die Vernichtung geschützter Biotope.
Laut dem Nein-Komitee gibt es Alternativen, um die Energiewende zu vollziehen und die Stromversorgungssicherheit zu gewährleisten. Dazu müsse zunächst Energie gespart und das Potenzial von Solaranlagen auf bestehenden Gebäuden und Infrastruktur genutzt werden.
«Man zahlt mehr, um die Landschaft zu verschandeln»
Die Befürworter des Stromgesetzes behaupten, dass der Bau von Solarparks in den Alpen notwendig sei, um die Energiewende zu schaffen und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Andernfalls würde es zu Engpässen, steigenden Strompreisen oder sogar zum Blackout kommen.
Diese Solaranlagen würden gemäss dem Bundesamt für Energie (BFE) im Winter doppelt so viel Strom wie ähnliche Anlagen im Flachland produzieren, aber dreimal so viel kosten. «Man zahlt mehr, um die Landschaft zu verschandeln, obwohl es Alternativen gibt, die besser für die Natur und das Portemonnaie sind», sagte Pierre-Alain-Bruchez, Mitglied des Referendumskomitees mit dem Namen Bündnis Landschaft und Natur, vor den Medien. Er bewertet das Potenzial von Solaranlagen auf Gebäuden und Infrastrukturen auch im Winter hoch ein.
Die Souveränität des Volkes, der Kantone und Gemeinden werde ebenso eingeschränkt. Das Stromgesetz lege weiter fest, dass die Realisierung von Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energie grundsätzlich Vorrang vor allen anderen nationalen Interessen habe, schrieb das Nein-Komitee. Allfällige Beschwerden würden ins Leere laufen.
Gegner warnen vor Missachtung der Demokratie
Der Bundesrat habe durch das Stromgesetz auch die Befugnis, die Genehmigungsverfahren für bestimmte Anlagen zu verkürzen und zu konzentrieren, hiess es weiter. Dies könne zur Abschaffung von Gemeindeabstimmungen führen. Auch sei ein Artikel eingefügt worden, der es erlaube, beim Bau in geschützten Landschaften auf Schutz- und Ersatzmassnahmen zu verzichten.
«Das ist Missachtung der Demokratie in Bund, Kantonen und Gemeinden. Verlierer sind ebenso Natur, Landschaft und Wald», sagte Hans Weiss, Mitbegründer der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz.
Als nächstes drohe Verlust der Biodiversität
Eng zusammenhängend mit dem Schutz der Landschaft ist auch die Bewahrung der Biodiversität. Für die Gegner des Gesetzes sei die Energiewende als Massnahme gegen den Klimawandel überfällig, es sei aber falsch, dies auf Kosten der Biotope in den Schweizer Landschaften vorzunehmen. «Es geht nicht nur um den Klimawandel. Die nächste Herausforderung ist der Verlust der Biodiversität. Die Biodiversität darf nicht kurzsichtig geopfert werden für den Klimaschutz», sagte Peter Lüthi, der ehemalige Regionalkoordinator des WWF Graubünden.
Mit dem Stromgesetz werde eine Rote Linie überschritten. «Der verfassungsgarantierte Natur- und Landschaftsschutz hat in den letzten 30 Jahren selbst bei schweren Eingriffen immer Berücksichtigung gefunden», sagte der Präsident des Verbands Freie Landschaft Schweiz, Elias Vogt. Er bezieht sich auf Beispiele in der Vergangenheit wie dem Bau der Bahn 2000 oder verschiedenen Autobahnen.
Mit einer Revision des Energie- und Stromversorgungsgesetzes sollen auf der einen Seite die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien gefördert und die Versorgungssicherheit erhöht und auf der andern Seite der Stromverbrauch gesenkt werden. Neben mehreren grossen Parteien sprechen sich auch Umweltorganisationen und Wirtschaftsverbände für den Mantelerlass aus.
Ein kleines Bündnis um den Neuenburger Pierre-Alain Bruchez, der Verband Freie Landschaft Schweiz und die Fondation Franz Weber bekämpft den Energie-Mantelerlass mit einem Referendum. (SDA)