Die Ständerätinnen und Ständeräte bleiben dabei. Ein Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht kommt für sie nicht infrage. Jetzt zeichnet sich aber ein möglicher Kompromiss bei der Definition von Vergewaltigung ab.
Der Nationalrat hatte sich im Dezember überraschend für die «Ja heisst Ja»-Lösung ausgesprochen. Das heisst: Neu soll Sex die Zustimmung der Beteiligten brauchen – sonst handelt es sich um Vergewaltigung.
Die Linke und Menschenrechtsorganisationen kämpfen seit Jahren für dieses Modell. Doch dem Ständerat geht es zu weit. Er zieht das «Nein heisst Nein»-Prinzip vor. Statt Zustimmung soll also Widerspruch entscheidend sein.
Obligatorische Kurse für Täter
Die Rechtskommission des Ständerats kommt dem Nationalrat nun einen Schritt entgegen. Sie schlägt vor, an «Nein heisst Nein» festzuhalten, mit einem Zusatz: Man will berücksichtigen, dass Opfer bei einer Vergewaltigung oftmals wie erstarren und sich nicht wehren können. Im Gesetz soll explizit erwähnt werden, dass es sich auch dann um eine Vergewaltigung handelt, wenn jemand den «Schockzustand einer Person ausnützt».
Ausserdem will die Rechtskommission mehr tun, um sexuelle Gewalt zu verhindern. Das Gericht soll Sexualstraftäter zwingen können, an einem Präventionsprogramm teilzunehmen.
SP-Funiciello: «verpasste Chance»
Es ist nicht das, wofür sich die Genfer Ständerätin Lisa Mazzone (35, Grüne) eingesetzt hat. «Klar, wir hätten lieber die Zustimmungslösung. Doch wichtig ist, dass wir schnell eine Lösung finden, die den Opfern mehr Anerkennung bringt», sagt sie. In diesem Sinne sei der Kompromissvorschlag ein wichtiger Fortschritt.
Weniger kompromissbereit zeigen sich die SP-Frauen. Der Entscheid der Rechtskommission des Ständerats sei zu bedauern, schreibt die Gruppe in einer Medienmitteilung. «Das ist eine verpasste Chance», wird SP-Nationalrätin Tamara Funiciello zitiert. Der Ständerat müsse dem Nationalrat im Frühling folgen und sich für die Zustimmungslösung aussprechen. Dass ihr Wunsch in Erfüllung geht, ist allerdings eher unwahrscheinlich.