Gewerbedirektor Hans-Ulrich Bigler (64) ist positiv gestimmt. «Ich komme zuversichtlich aus dem Treffen mit Wirtschaftsminister Guy Parmelin. Er hat Verständnis für unsere Situation gezeigt und uns zugehört», sagt Bigler. Am Montag hat er sich mit dem Bundesrat getroffen, da die hohen Strom- und Gaspreise für viele Firmen immer existenzbedrohender werden.
Beim Treffen einigte man sich auf das folgende Vorgehen: «Zusammen mit weiteren Wirtschaftsdachverbänden werden wir kommende Woche am runden Tisch Massnahmen diskutieren, mit denen der Bund die Wirtschaft wegen der hohen Energiepreise zu stützen gedenkt», so Bigler.
Gespräche mit Verbänden
Allerdings dürfte beim runden Tisch am Montagnachmittag und bei weiteren solchen Treffen – es sind Gespräche mit über einem Dutzend Verbänden geplant – anfänglich wenig Konkretes besprochen werden. Wie es aus Guy Parmelins (62) Wirtschaftsdepartement (WBF) heisst, beobachte eine Arbeitsgruppe derzeit die Auswirkungen der hohen Energiepreise, aber auch der anhaltenden Teuerung auf Privatpersonen und Firmen. Statt konkreter Stützungsmassnahmen solle bei den Treffen mit den Verbänden in einer ersten Phase die Arbeit dieser Arbeitsgruppe im Zentrum stehen. Zudem seien allfällige Kontingentierungsmassnahmen traktandiert, heisst es.
Bigler hingegen schwebt vor, dass Unternehmen, die ihren Strom in den letzten Jahren günstig auf dem freien Markt beziehen konnten, jetzt aber unter den hohen Preisen leiden, wie Privathaushalte wieder in der Grundversorgung Strom beziehen können. Im Parlament gibt es hier eine überraschend grosse Zustimmung, wie die «NZZ am Sonntag» berichtete.
Doch Private betroffen
Aber eben: So schnell dürfte es nicht gehen. Denn Parmelins WBF, in dem das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) eine zentrale Rolle innehat, lässt sich nicht zum ersten Mal Zeit. Auch während der Corona-Pandemie fiel das Seco durch seine Zurückhaltung bei der Unterstützung von Unternehmen auf.
Konkretes kann jedoch bereits am Mittwoch erwartet werden. Dann dürfte Bundesrat Parmelins Verordnungsentwurf für den Fall in die Vernehmlassung gehen, dass tatsächlich eine Gas-Mangellage eintritt.
Es zeichnet sich ab, dass bei einem Gas-Engpass doch auch Privathaushalte sparen müssen. Schliesslich sind diese für 40 Prozent des Gasverbrauchs verantwortlich. Zur Diskussion steht nicht, dass das Gas für Private zeitweise abgestellt werden könnte, sondern es geht um Vorgaben für die Warmwasser-Höchsttemperatur und eine maximale Raumtemperatur.
Strom- und Gasreserven
Am Mittwoch soll aber auch die Energiesparkampagne vorgestellt werden. Wie das Umwelt- und Energiedepartement (Uvek) von Simonetta Sommaruga (62) betont, ist es nach wie vor das oberste Ziel der Landesregierung, dafür zu sorgen, dass es weder beim Strom noch beim Gas zu einem Mangel kommt.
Die Regierung setzt dazu auf zusätzliche Strom- und Gasvorräte. «Als erste Absicherung hat der Bundesrat eine Wasserkraftreserve beschlossen, mit der die Schweiz beim Strom die kritische Zeit Ende Winter besser überbrücken kann», präzisiert Uvek-Sprecherin Annetta Bundi. Als zweite Absicherung sei der Bund daran, Reserverkraftwerke einzurichten, die mit Öl betrieben und ebenfalls gegen Ende Winter gezielt eingesetzt werden können.
Laut Blick-Informationen steht der Bundesrat kurz vor dem Abschluss eines Abkommens, mit dem sich die Schweiz mehr als 300 Megawatt zusätzlichen Inlandstrom sichert – was 80 Prozent der Leistung des Atomkraftwerks Mühleberg entspricht, das bekanntlich 2019 vom Netz ging. In Prüfung sind laut Uvek aber auch Notstromaggregate, die als Reservekraftwerke dienen sollen.
Mehr Wasser nutzen
Das Uvek bestätigt darüber hinaus eine Meldung der «Schweiz am Wochenende»: Das Departement plant ergänzend eine weitere Massnahme, um die Stromversorgung im kommenden Winter abzusichern. «Wasserkraftwerke sollen diesen Winter kurzfristig mehr Wasser für die Stromproduktion nützen dürfen», so Bundi.
Hierbei handelt es sich aber nur um Wasserkraftwerke, die saniert worden sind. Laut der Zeitung hat die Energieministerin gegenüber Energiepolitikern erklärt, mit dieser Massnahme könnten im Winterhalbjahr insgesamt 150 Gigawattstunden mehr Wasserstrom produziert werden.
«Gasziel erreicht»
Mehr zum drohenden Energiemangel
Wie schon länger bekannt ist, hat der Bundesrat die Gasbranche bereits vor Monaten damit beauftragt, ergänzend zu den ordentlichen Gaslieferungen für den kommenden Winter zusätzliches Gas zu beschaffen. «Die Branche hat dieses Ziel inzwischen bereits erreicht», versichert Sprecherin Bundi. Und um einen Gas-Engpass möglichst zu vermeiden, hat die Landesregierung darüber hinaus entschieden, sich dem Gas-Einsparziel von 15 Prozent des durchschnittlichen Verbrauchs im Winterhalbjahr freiwillig anzuschliessen.