Um die AHV-Heiratsstrafe zu umgehen
So tricksen viele Rentner den Staat aus

Diese Woche lehnte der Bundesrat die Abschaffung der AHV-Heiratsstrafe ab. Das führt dazu, dass sich viele Rentnerpaare scheiden lassen – zumindest auf dem Papier.
Publiziert: 30.06.2024 um 13:03 Uhr
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Aktualisiert: 30.06.2024 um 16:13 Uhr
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Der Bundesrat lehnt die Initiative «Ja zu fairen AHV-Renten auch für Ehepaare» ab.
Foto: Keystone

Der Bundesrat will nicht noch mehr Geld in die AHV stecken. Diese Woche lehnte er die Mitte-Initiative zur Abschaffung der Heiratsstrafe ab und verzichtete auch auf einen Gegenvorschlag. Ehepaare sollen weiter maximal 150 Prozent einer Altersrente – also höchstens 3675 Franken monatlich. Konkubinatspaare hingegen bekommen zwei separate Einzelrenten von bis zu 2450 Franken, zusammen also 4900 Franken. Macht ein Minus von 1225 Franken für Verheiratete.

Doch es gibt einen Trick, um die Heiratsstrafe zu umgehen. «Jedes Jahr kommen etwa vier bis fünf Ehepaare zu mir, die sich bloss scheiden lassen wollen, damit sie mehr AHV-Rente bekommen», wird der Zürcher Anwalt Roger Groner in der «Sonntagszeitung» zitiert. Nach der Scheidung auf dem Papier leben die Paare aber weiter zusammen – quasi eine Scheinscheidung. Alles ganz legal.

Scheidungen in diesem Alter häufen sich

Zahlen des Bundesamts für Statistik sollen zeigen: Die Zahl der Scheidungen liegt gerade bei den 64-jährigen Frauen Jahr für Jahr jeweils rund ein Drittel höher, als die rechnerische Trendlinie erwarten lässt. Bis vor kurzem wurden Frauen regulär mit 64 pensioniert. Es liege nahe, dass sich die Scheidungen in diesem Alter häufen, weil viele Paare dadurch die nach dem 64. Geburtstag der Frau drohende AHV-Heiratsstrafe umgehen.

Der Trend zu Scheidungen aus finanziellen Gründen habe sich «in den letzten Jahren sogar noch verstärkt», so Scheidungsanwalt Groner. Jährlich dürfte es einige wenige Hundert Scheinscheidungen geben. Immerhin kann der zu erwartende finanzielle Gewinn deutlich sein.

Scheinscheidung lohnt sich nicht für alle

Angst vor hohen Scheidungskosten müsse man zudem nicht zu haben. Laut Groner brauche es keinen Anwalt, wenn man sich bloss zur Optimierung der Finanzen scheiden lässt. Und ohne Anwalt sei Scheiden günstig. Es fallen dann nur amtliche Gebühren an: rund 1500 Franken. Mit den höheren AHV-Renten lässt sich das rasch wieder reinholen.

Dennoch lohne sich eine solche Scheinscheidung im Alter nicht für alle: Voraussetzung sei, dass beide Ehepartner als Einzelpersonen eine AHV-Rente nahe am Maximum haben. «Die Scheidung lohnt sich in der Regel erst, wenn beide Ehepartner während ihres Arbeitslebens im Schnitt mindestens je 70’000 Franken verdient haben», so Groner.

Kommt hinzu: Paare mit grossen Vermögen gingen mit einer Scheinscheidung auch ein Risiko ein. So könne sie beim Tod eines Ehepartners zur Falle werden. Wenn einer stirbt und ein Vermögen hinterlässt, müsse der Überlebende Erbschaftssteuer zahlen. Wären sie hingegen verheiratet gewesen, würde diese nicht anfallen. Verheiratete Paare haben im Alter also durchaus auch ihre Vorteile.

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