Die beiden Volksinitiativen mit den Titeln «Ja zu fairen Steuern» und «Ja zu fairen AHV-Renten» zielen auf eine Korrektur der Ungerechtigkeit ab. Sie wurden am Mittwoch in Bern mit 102'355 beziehungsweise 105'931 beglaubigten Unterschriften eingereicht, wie die Mitte-Partei schrieb.
«Mit der Einreichung unserer beiden Fairness-Initiativen kommen wir dem Ziel, endlich Fairness auch für Ehepaare zu schaffen, einen grossen Schritt näher», sagt Parteipräsident Gerhard Pfister am Mittwoch.
Bei der Bundessteuer müssen verheiratete und eingetragene Paare im Vergleich zu Konkubinatspaaren mehr abliefern. Von dieser sogenannten Heiratsstrafe betroffen waren nach Angaben des Bundes von 2019 rund 454'000 Zweiverdiener-Ehepaare und 250'000 Rentner-Ehepaare.
Heiratsstrafe soll verschwinden
Das Bundesgericht hatte bereits 1984 festgestellt, dass die steuerliche Diskriminierung verheirateter und eingetragener Paare gegenüber Konkubinatspaaren verfassungswidrig sei. Die Abschaffung der «Heiratsstrafe» ist denn auch seit Jahren Thema in der Politik.
Die eine Mitte-Initiative verlangt nun, dass für Verheiratete bei der Bundessteuer neben der gemeinsamen eine alternative Steuerrechnung vorgelegt wird, anhand des Tarifs und der Abzüge für Unverheiratete. Den tieferen Betrag müsste das Paar bezahlen. Am Grundsatz der gemeinsamen Besteuerung will die Mitte festhalten.
Weg soll die «Heiratsstrafe» auch bei der AHV: Verheiratete erhalten heute nicht pro Kopf eine AHV-Rente, sondern zusammen höchstens das Anderthalbfache der Maximalrente. Für Paare ohne Trauschein hingegen gibt es zwei Renten. Die Mitte will mit der zweiten Initiative, dass eine Kürzung der Renten bei Verheirateten nicht mehr zulässig ist.
Mitte gegen Individualbesteuerung im Parlament
Zuoberst auf der Agenda von Bundesrat und Parlament steht aber die umstrittene Individualbesteuerung. Gemäss der vom Bundesrat im Februar verabschiedeten Vorlage sollen Einkünfte und Vermögenswerte von verheirateten Paaren nach den zivilrechtlichen Verhältnissen aufgeteilt werden, wie es heute bereits bei Unverheirateten erfolgt.
Die Individualbesteuerung ist auf allen Staatsebenen vorgesehen. Bei der direkten Bundessteuer geht der Bundesrat, bezogen auf 2024, von geschätzt rund einer Milliarde Franken Mindereinnahmen pro Jahr aus. Davon trägt der Bund rund 800 Millionen Franken, und die Kantone tragen rund 200 Millionen Franken. Zu entscheiden hat als nächstes das Parlament.
Bei der Mehrheit der Parteien fiel die Individualbesteuerung aber durch. Der radikale Umbau des Systems schaffe neue Ungerechtigkeiten, lautete der Tenor in der Vernehmlassung. Einzig FDP, GLP und Wirtschaft stellten sich hinter die Vorlage. Erhofft wird, dass mit Individualbesteuerung mehr Verheiratete eine Erwerbsarbeit aufnehmen oder ihr Arbeitspensum erhöhen. (SDA/Sie)