Am Ende half Verteidigungsminiterin Viola Amherd (61) nur noch eine Metapher: Mit den Armeefinanzen verhalte es sich wie mit Hausbesitzern, die ihr Haus sanieren wollten. Auch diese müssten planen, was, wie und wann sie umbauen wollten. Wenn dann aber weniger Lohn hereinkomme als budgetiert, dann müsse man priorisieren: Etwa zuerst die Küche renovieren, weil die in einem besonders schlechten Zustand ist. Erst später dann vielleicht das Bad. Ähnlich verhalte es sich bei den Investitionen der Armee.
Weil zuletzt um die Armee-Finanzen eine heftige Debatte entbrannt ist, gab es an der Pressekonferenz in Bern besonders viel Diskussionsbedarf. Der Anlass: Amherd stellte am Mittwochnachmittag die Armeebotschaft 2024 vor. Darin beantragt der Bundesrat einen weiteren Milliarden-Zahlungsrahmen für die Armee.
Über 30 Milliarden Franken bis 2028
Die Ausgaben für die Armee sollen 2025 bis 2028 knapp 26 Milliarden Franken beantragen. Der Bundesrat beantragt einen entsprechenden Zahlungsrahmen. Für Armeematerial und Immobilien will er in vier Jahren 4,9 Milliarden Franken zur Verfügung stellen.
Diese knapp fünf Milliarden Franken sind für die Beschaffung von Armeematerial über vier Jahre, das Rüstungsprogramm 2024 und das Immobilienprogramm des Verteidigungsdepartements 2024 gedacht, wie das Verteidigungsdepartement (VBS) am Mittwoch mitteilte. Von 2024 bis 2027 will er 3,52 Milliarden Franken für Armeematerial zur Verfügung stellen.
Das Rüstungsprogramm 2024 umfasst Verpflichtungskredite von 490 Millionen Franken. Damit werden die Bodentruppen mit einer neuen Lenkwaffe ausgerüstet. Zudem will der Bundesrat teilmobile Sensoren beschaffen, um Luftfahrzeuge besser erkennen, orten, verfolgen und identifizieren zu können.
Erstmals Eckwerte über 12 Jahre
Zwei weitere Verpflichtungskredite dienen der Ausstattung der bestehenden Rechenzentren VBS und der Anbindung von Hauptsystemen. Ein weiterer Verpflichtungskredit ermöglicht den Werterhalt des Schulungsflugzeugs PC-7.
Die Armeebotschaft 2024 wurde neu gestaltet: Erstmals unterbreitet der Bundesrat dem Parlament nämlich einen Bundesbeschluss, der die Eckwerte zur strategischen Ausrichtung der Armee in den kommenden zwölf Jahren beschreibt.
Dadurch soll das Parlament die längerfristige Entwicklung der Armee effektiver mitgestalten können. Der neue Bundesbeschluss zeigt auf, welche Entwicklungen in verschiedenen Fähigkeitsbereichen erforderlich sind, damit die Armee ihre Aufgaben auch in Zukunft erfüllen und ihre Verteidigungsfähigkeit stärken kann.
Mit der neuen Armeebotschaft könne die Schweizer Armee auf die bekannten Bedrohungsszenarien reagieren, erklärte Amherd. Darum seien auch die Erkenntnisse aus dem Ukraine-Krieg eingeflossen. Aber: «Es ist mit den verfügbaren Mitteln nicht realistisch, in allen Bereichen Spitze zu sein», macht Amherd deutlich. (oco/SDA)
Medienkonferenz zu Ende
Nach knapp einer Stunde ist die Medienkonferenz zur Armeebotschaft 2024 zu Ende.
«Planungen ungleich Bestellungen»
Es folgen verschiedene Fragen zu den Finanzengpässen. Amherd antwortet, offenbar verstünden nicht alle dasselbe unter dem Begriff «Liquiditätsprobleme». Sie macht noch einmal deutlich: «Wir bestellen erst, wenn wir das Budget haben.» Planungen seien nicht zu verwechseln mit tatsächlichen Bestellungen.
Neue Dienstpflichtmodelle geprüft
Amherd sagt, derzeit würden neue Dienstpflichtmodelle geprüft. Hier prüfe man auch die Frage, ob es allenfalls eine Ausdehnung brauche.
Süssli fügt an, man habe grundsätzlich genügend Rekrutinnen und Rekruten. Das Problem sei eher, dass es zu viele gebe, die vor Abschluss der Dienstpflicht die Armee verliessen.
«Es gibt keine Traum-Armee»
«Es gibt keine Traum-Armee für mich», sagt Amherd auf die Frage eines Journalisten, wie sie sich die Armee zimmern würde, wenn sie nicht aufs Geld schauen müsste. Es gebe nur eine Armee, die in der Lage sein müsse, die Bevölkerung im Ernstfall zu schützen.
«Armee nicht zahlungsunfähig»
Jetzt holt Amherd zur Medienschelte aus. Sie sagt: «Die Armee ist nicht zahlungsunfähig, es wurden nicht mehr Rüstungsgüter bestellt, als bezahlt werden können.» Sie reagiert damit auf die Medienberichte der vergangenen Wochen, wonach die Armee mit groben Finanzproblemen zu kämpfen hätte. Amherd streicht noch mal hervor, dass es sich dabei um «Überhänge» in den einzelnen Jahren handle, diese seien allerdings kein Problem.
«Schweizer Armee kann nicht überall Spitze sein»
Mit der neuen Armeebotschaft könne auf die bekannten Bedrohungsszenarien reagiert werden, erklärt Amherd. Kommt dazu: Hier könnten auch die Erkenntnisse aus dem Ukrainekrieg einfliessen. Es sei damit möglich, sämtliche der aufgedeckten Fähigkeitsbereiche abzudecken. Aber: Es sei mit den verfügbaren Mitteln nicht realistisch, in allen Bereichen Spitze zu sein, macht Amherd deutlich.
Fähigkeitslücken schliessen
Der Bundesrat hat zehn Fähigkeitsbereiche definiert, in denen sich die Armee in den nächsten Jahren entwickeln soll. So wolle er in den nächsten Jahren die Verteidigungsfähigkeit stärken, führt Amherd weiter aus. Heute bestünden Fähigkeitslücken vor allem in den Bereichen der Führung und Vernetzung sowie beim Nachrichtenverbund und bei den Sensoren, aber auch bei der Wirkung am Boden, in der Luft sowie im Cyberraum und im elektromagnetischen Raum. So sollen damit etwa Panzerabwehrraketen und Radarsysteme gekauft, aber auch das Schulungsflugzeug PC-7 technisch aufgerüstet werden.
Erstmal Eckwerte über 12 Jahren
Amherd führt aus, dass der Bundesrat dem Parlament erstmals Eckwerte zur strategischen Ausrichtung der Armee über zwölf Jahre unterbreite. In der Vergangenheit habe diese Gesamtsicht in der Armeebotschaft gefehlt. Heisst konkret: Statt einem jährlichen Postizettel will der Bundesrat langfristig planen.
Medienkonferenz um 14 Uhr
Die Armee kämpft derzeit gegen einen mächtigen Feind: die eigenen Finanzen. Das Geld wird in den nächsten Jahren so knapp, dass das Militär bei Rüstungsfirmen um Zahlungsaufschub betteln muss. Beliebte Publikumsanlässe werden aus Spargründen gestrichen.
Nun legt Verteidigunsministerin Viola Amherd am Mittwochnachmittag die Armeebotschaft 2024 vor – und mehr Geld beantragen. Sie wird gemeinsam mit Armeechef Thomas Süssli und Rüstungschef Urs Loher vor die Medien treten. Die Pressekonferenz startet um 14 Uhr.