Trotz Wohnungsnot
Parlament will mehr Zweitwohnungen

Das Parlament lockert Baubeschränkungen in Gemeinden mit vielen Zweitwohnungen. Häuser, die vor dem März 2012 gebaut worden sind, sollen abgerissen, neu aufgebaut, saniert, in einem gewissen Grad erweitert und uneingeschränkt genutzt werden dürfen.
Publiziert: 05.03.2024 um 10:49 Uhr
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Aktualisiert: 05.03.2024 um 12:33 Uhr
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Erfolg für Mitte-Nationalrat Martin Candinas: Das Parlament lockert die Regeln ür Zweitwohnungen.
Foto: keystone-sda.ch

In Gemeinden mit über 20 Prozent Zweitwohnungen dürfen diese Bauten heute nur beschränkt umgebaut und umgenutzt werden. Das soll sich ändern: Mit 27 zu 11 Stimmen – gegen den Willen von SP und Grünen und mit fünf Enthaltungen – stimmte der Ständerat am Dienstag einer Lockerung zu. 

Konkret sollen vor dem 11. März 2012 erstellte Gebäude – an jenem Tag wurde die Zweitwohnungs-Initiative an der Urne angenommen – bei Sanierungen sowie nach einem Abbruch und Wiederaufbau um bis zu 30 Prozent vergrössert und neue Wohnungen eingerichtet werden dürfen. Einschränkungen für die Nutzung soll es in diesen Fällen nicht geben. Es könnten also auch Zweitwohnungen sein – selbst wenn die Gemeinde die Höchstgrenze von 20 Prozent schon übertrifft.

Berggebiete sollen sich entwickeln

Der Vorschlag stammt von der Umwelt- und Raumplanungskommission des Nationalrats (Urek-N). Diese wollte mit der Vorlage Verdichtungen und Entwicklungen in Berggebieten möglich machen. Dem folgte der Ständerat. 

Die geltenden Vorschriften verhinderten Investitionen, sagte Ständerat Beat Rieder (Mitte/VS). Brigitte Häberli-Koller (Mitte/TG) ergänzte, dass die Vorschriften energetische Sanierungen in Altbauten verhindern könnten. Es müsse möglich sein, diese Häuser nach modernen Standards umzubauen.

Eine rot-grüne Minderheit lehnte die Vorlage ab. Diese löse den Bau von finanziell attraktiven Zweitwohnungen aus und widerspreche dem Verfassungsartikel, sagte Mathilde Crevoisier Crelier (SP/JU) dazu. Bezahlbare Erstwohnungen für Einheimische gerieten unter Druck. Und weiss dabei den Bundesrat auf ihrer Seite.

Bundesrat für einmal bei den Linken

Die Landesregierung hatte schon im Nationalrat erfolglos beantragt, den so entstehenden zusätzlichen Wohnraum ausdrücklich zu Erstwohnungen für die lokale Bevölkerung zu machen und nicht zu Zweitwohnungen. Im Ständerat wurde dieser Antrag mit 17 gegen 26 Stimmen abgelehnt.

Auch der Bundesrat sei besorgt über den Mangel an erschwinglichen Wohnungen in einigen touristischen Orten, sagte Umweltminister Albert Rösti. Die nun beschlossene Regelung stehe aber in einem gewissen Widerspruch zur Verfassung.

«Ohne Zweitwohnungen kein Andermatt»

Auch Heidi Z'graggen (Mitte/UR) plädierte für den Weg des Bundesrates. Dieser ermögliche es, neue Erstwohnungen zu bauen, ohne die Nachfrage für Zweitwohnungen weiter anzukurbeln. Die Vorlage der Urek-N möge für Feriensiedlungen aus den 1960er- und 1970er-Jahren Sinn machen, aber nicht in Dorfkernen. Josef Dittli (FDP/UR) stellte sich mit einem Blick nach Andermatt UR ebenfalls hinter den Bundesrat. Der Ort profitiere zwar vom Projekt von Samih Sawiris. Die dortigen neuen Wohnungen dienten aber fast nur als Zweitwohnungen, gab er zu bedenken. Doch auch Einheimische und junge Menschen brauchten eine Perspektive.

«Ohne Möglichkeiten, Zweitwohnungen zu bauen, hätte es das Projekt von Sawiris in Andermatt nicht gegeben», entgegnete der Oberwalliser Rieder. Die Gemeinde habe Möglichkeiten, diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, mit an ihre Situation angepassten Reglementen. Der Nationalrat hatte die Vorlage gegen den Willen von SP, Grünen und GLP gutgeheissen. Sie ist bereit für die Schlussabstimmungen. Den Anstoss dazu gegeben hatte Nationalrat Martin Candinas (Mitte/GR) mit einer parlamentarischen Initiative. 

(SDA/sf)

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