In Pontresina GR könnten Besitzerinnen und Besitzer von Ferienwohnungen bald zur Kasse gebeten werden. Die Gemeinde will, als erstes Dorf der Schweiz, eine Zweitwohnungssteuer einführen.
Die umstrittene Massnahme soll die Wohnungsnot lindern. Nicht nur in Städten, auch in Tourismusregionen in den Bergen ist es in den vergangenen Jahren zunehmend schwieriger geworden, eine bezahlbare Wohnung zu finden.
Gemeinde sieht dringenden Handlungsbedarf
Als ein Grund für die Misere sieht der Gemeindevorstand von Pontresina die vielen Zweitwohnungen. Im Engadiner Kurort werden zwei von drei Wohnungen an Feriengäste vermietet oder als Zweitwohnungen genutzt. Immer mehr Erstwohnungen würden zu Ferienwohnungen umgenutzt und kaum neue Wohnungen gebaut, die sich eine Durchschnittsverdienerin leisten kann, stellte die Gemeinde an einer Informationsveranstaltung für die Bevölkerung im Dezember fest. Die Umnutzung ist erlaubt, wenn eine Wohnung noch vor Inkrafttreten des Zweitwohnungsgesetzes 2016 gebaut worden ist.
Das Fazit der Gemeinde: Es bestehe dringender Handlungsbedarf. Eine Steuer auf Zweitwohnungen soll diese unattraktiver machen und so dazu beitragen, dass wieder mehr Wohnungen für Einheimische zur Verfügung stehen. Dabei soll die Steuer abgestuft werden: Je häufiger eine Wohnung genutzt wird, desto tiefer sollen die Kosten ausfallen. Die Steuereinnahmen will die Gemeinde für die Förderung von bezahlbarem Wohnraum einsetzen.
In Silvaplana gabs heftigen Widerstand
Noch ist die Zweitwohnungssteuer keine beschlossene Sache. Erst- und Zweitwohnungsbesitzer, aber auch andere Interessierte haben ab nächster Woche einen Monat Zeit, Stellung zu den Plänen zu beziehen. Auch der Kanton hat ein Wörtchen mitzureden.
Bereits jetzt steht fest: Das Vorhaben der Gemeinde wird noch zu heftigen Diskussionen führen. Dafür braucht man den Blick nur wenige Kilometer zu schwenken. In Silvaplana GR hatte der Gemeinderat vor gut zehn Jahren dasselbe vor. Der Widerstand dagegen war gross. Zwar gewann die Gemeinde die rechtliche Auseinandersetzung vor Bundesgericht. Doch weil Ferienwohnungsbesitzer mit Boykotten des lokalen Gewerbes drohten, schickte die Gemeinde die Pläne schliesslich doch bachab. Auch im Kanton Bern hätten Gemeinden seit 2017 die Möglichkeit, Zweitwohnungen zu besteuern. Doch eingeführt hat die Massnahme bis jetzt niemand.
Die Gemeindepräsidentin von Pontresina, Juristin Nora Saratz Cazin (42), lässt sich davon nicht abschrecken. Sie steht voll und ganz hinter der Massnahme. Nun muss sie auch die Bevölkerung davon überzeugen. Diese wird frühestens im Herbst über die Einführung der Steuer abstimmen. Eingeführt würde sie nicht vor 2025.