Trotz Bedenken
Bund hat bei Putin-Spitzeln Schraube angezogen

Erst zeigte sich der Bundesrat zurückhaltend, dann aber wehrte er sich doch stärker gegen russische und andere ausländische Spione in der Schweiz. Das Parlament aber erwartet noch mehr.
Publiziert: 29.01.2025 um 00:14 Uhr
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Aktualisiert: 29.01.2025 um 07:34 Uhr
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Vom Hotel Rössli aus sollen chinesische Wirte den nahen Flugplatz Meiringen ausspioniert haben. Im Fokus: der neue US-Kampfjet F-35.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Schweiz verschärft Massnahmen gegen Spionage. Parlament fordert härtere Gangart
  • Bundesrat prüft Einzelfälle wegen möglicher Gegenmassnahmen für Schweizer Diplomaten
  • 2022 wurden 240 Personen mit Einreiseverbot belegt, früher durchschnittlich 45
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Der Fall machte Schlagzeilen. Nach Hinweisen aus dem Ausland hatte die Berner Polizei das Gasthaus Rössli in Meiringen im Sommer 2023 gestürmt und die chinesischen Wirtsleute abgeführt. Spionageverdacht! Die Betroffenen sollen den Betrieb direkt neben dem Militärflugplatz nur übernommen haben, um den neuen US-Kampfjet F-35 ausspionieren zu können, der dort stationiert werden soll.

Noch mehr Sorgen bereitet den Schweizer Behörden Putins Spitzel. Mit Ausbruch des Ukrainekriegs wiesen europäische Staaten über 600 russische Diplomaten aus. Viele wichen in die Schweiz aus, die zum Spionage-Hotspot geworden ist. Der Nachrichtendienst des Bundes erkennt eine Bedrohung für die Sicherheit des Landes. Während der Bundesrat sich bisher zierte, forderte das Parlament eine härtere Gangart. Die Schweiz soll ausländische Spione konsequent ausweisen.

Mehr als fünfmal so viele Spione abgewiesen

Und tatsächlich hat die Schweiz die Schraube angezogen. Wurden in früheren Jahren im Durchschnitt 45 Personen mit einem Einreiseverbot wegen verbotenem Nachrichtendienst und Spionage belegt, waren es 2022 rund 240 Personen. Das geht aus dem Jahresbericht der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) des Parlaments hervor. Laut dem Aussendepartement sei so gewährleistet worden, dass keine andernorts ausgewiesene Person im Anschluss in die Schweiz kam.

Von einem Automatismus aber will der Bundesrat nach wie vor nichts wissen – egal, was das Parlament beschlossen hat. Weiterhin werde jeder einzelne Fall geprüft und dabei Vor- und Nachteile abgewogen. Der Grund dafür ist einfach: Gegenüber der Oberaufsicht des Parlaments betonte das Aussendepartement, dass es sowohl bei einer Ausweisung als auch bei einem Einreiseverbot meist zu Gegenmassnahmen des betroffenen Staats komme.

Bundesrat fürchtet sich vor Retourkutschen

«Konkret kann dies bedeuten, dass Schweizer Diplomaten aus diesem Staat ausgewiesen werden, oder, häufiger, dass auch Schweizer Personal der Postenantritt verweigert wird», schreibt die GPDel in ihrem Bericht. «Da die Schweiz im internationalen Vergleich über eher kleine Aussenvertretungen verfügt, kann dies dazu führen, dass diese aufgrund des fehlenden Personals ihre Aufgaben teilweise nicht oder erschwert wahrnehmen können.»

Daher werde in jedem Einzelfall geprüft, ob die Hinweise auf Spionage genügend erhärtet sind und welche Folgen eine Ausweisung oder Nicht-Akkreditierung nach sich ziehen könnte. Es sei klar, dass der Nachrichtendienst und das Aussendepartement aufgrund ihrer verschiedenen Rollen die Interessen teilweise unterschiedlich gewichten, kommentiert die GPDel.

Parlamentarier erwarten strikte Gangart

Für die Oberaufsicht des Parlaments ist das nachvollziehbar. Dennoch erwartet sie eine strikte Gangart, um zu verhindern, dass die Schweiz zu einem Hotspot für ausländische Agenten wird. «Dazu gehört auch, dafür zu sorgen, dass Personen, welche von anderen europäischen Staaten aufgrund von Spionageaktivitäten ausgewiesen wurden, an der Einreise in die Schweiz gehindert werden», stellt die GPDel klar, «selbst wenn dies zu Gegenmassnahmen führt.»

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