Der Fall hat Schlagzeilen gemacht. Nach Hinweisen aus dem Ausland hatte die Berner Kantonspolizei das Gasthaus Rössli in Meiringen im vergangenen Sommer gestürmt und die chinesischen Wirtsleute abgeführt. Spionageverdacht! Die drei Betroffenen sollen den Gastrobetrieb unmittelbar neben dem Militärflugplatz nur übernommen haben, um den neuen US-Kampfjet F-35 ausspionieren zu können, der dort stationiert werden soll.
Noch mehr Sorgen bereitet den Schweizer Behörden aber die Gefahr russischer Spione. Mit Ausbruch des Ukraine-Kriegs wiesen europäische Staaten über 600 russische Diplomaten aus. Viele davon sind heute in der Schweiz, die zum Hotspot von Putins Spionen geworden ist. Der Nachrichtendienst des Bundes erkennt eine Bedrohung für die Sicherheit der Schweiz. Ihre Neutralität biete keinerlei Schutz, erklärte SP-Ständerätin Franziska Roth (58) am Montag in der kleinen Kammer. Im Gegenteil: Die Neutralität sei eher ein Magnet.
Offiziell zählt die russische Vertretung in der Schweiz 217 Diplomatinnen und Diplomaten, darunter arbeiten geschätzt 70 bis 80 als Spione. Einzelne wurden in den vergangenen Tagen entlarvt, als sie das Internationale Olympische Komitee in Lausanne ausspionierten, am Weltwirtschaftsforum in Davos angehalten wurden oder von der Schweiz aus einen Giftanschlag in Grossbritannien planten. Viele andere sind noch da.
Parlament will die Schraube anziehen
Damit soll möglichst bald Schluss sein. Nach dem Bundesrat und dem Nationalrat hat am Montag mit 32 gegen 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen auch der Ständerat einer Motion der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats zugestimmt, die eine konsequente Ausweisung russischer und anderer ausländischer Spione verlangt. Der Bundesrat allerdings will keinen Automatismus, sondern weiterhin jeden Fall einzeln prüfen.
Die vom Nachrichtendienst erkannten Spione seien auszuweisen. Sonst würde die Schweiz ihre eigene Sicherheit gefährden, betonte etwa Mitte-Ständerätin Andrea Gmür (59).
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Bundesrat ist gegen Automatismus
Schon heute können nachrichtendienstliche Tätigkeiten verfolgt werden. Verbotener Nachrichtendienst ist in der Schweiz strafbar. Eine Ratsminderheit sieht daher nicht, welchen Mehrwert die Motion im Vergleich zur aktuellen Praxis des Bundesrats bringen soll. Gleichzeitig äusserte sie sich gegen einen Automatismus.
Auch Verteidigungsministerin Viola Amherd (61) betonte, «dass ausländische Staaten bereit sind, sich zu verteidigen». Der Bundesrat aber will von einem Automatismus nichts wissen. Auch bei Annahme der Motion solle weiterhin jeder Fall einzeln geprüft werden. Damit solle jeweils den besonderen Umständen und den Interessen der Schweiz gebührend Rechnung getragen werden.