Camille Lothe (29) nimmt kein Blatt vor den Mund. Die Präsidentin der Stadtzürcher SVP war vergangenen Sonntag zu Gast in der Sendung «Doppelpunkt» auf Radio 1. Dabei teilte sie ganz schön heftig gegen die Parteispitze und SVP-Übervater Christoph Blocher (82) aus.
Unverblümt kritisiert Lothe den Auftritt Blochers und seiner Tochter, SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (54) im August am grossen Wahlkampf-Auftakt im Zürcher Eishockeystadion. Die beiden waren unter Applaus der SVP-Fangemeinde auf einem Heuwagen ins Stadion gekarrt worden. Eine Inszenierung, über die Lothe nur den Kopf schütteln kann.
Blocher-Auftritt sei «fake»
Gegenüber Moderator Roger Schawinski (78) macht die junge Politikerin unmissverständlich klar, dass sie den Auftritt für scheinheilig hält. Als «total fake» sei ihr das Ganze rübergekommen, sagt sie auf Nachfrage Schawinskis. Dieser hatte gefragt, was sie davon halte, wenn «zwei Multimilliardäre auf einem Heuwagen als Bauern verkleidet» auffahren. Sei das «echt oder fake»?
Lothe selbst macht keinen Hehl daraus, dass sie keinen Bezug hat zur bäuerlichen Schweiz, als deren Heim- und Hofpartei sich die SVP gern sieht. «Mir wird nie jemand Jeans und Sennenhemd abkaufen. Das bin nicht ich», sagt Lothe, die schon mit einem Sturmgewehr in ihrem rosa Büro posiert hat.
Kritik am Städte-Bashing
Auf den Zeiger ging der Stadtzürcher SVP-Präsidentin auch das Städte-Bashing der nationalen Partei der letzten Jahre. Die Kampagne gegen die «links-grünen Schmarotzer-Städte» 2021 sei ein Fehler gewesen, ist Nationalratskandidatin Lothe überzeugt. Das Ausspielen von Stadt gegen Land sei «total in die Hose gegangen».
Für sie als SVPlerin in der Stadt habe der Frontalangriff auf die Städte «eine grosse Herausforderung» dargestellt. Besonders schwierig sei gewesen, diesen den SVP-Anhängern in der Stadt zu erklären.
Um die Abneigung der Parteispitze gegen alles Urbane etwas zu relativieren, hat Lothe Parteipräsident Marco Chiesa (48) ihren Angaben zufolge jüngst nach Zürich eingeladen. Das Ziel: Ihm zu zeigen, «dass die Stadt nicht ganz verloren» ist. (lha)