Auf einen Blick
- Buch «Der Berset-Code»: Selbsthilfe-Tipps und persönliche Erfahrungen des Ex-Bundesrats
- Eine Übersicht der wichtigsten Lektionen
- Berset langweilte sich als Bundesrat sogar
Eigentlich war es der Psychiater Gregor Hasler (56), der dem damaligen Bundesrat Alain Berset (52) ein Coaching gab. Das war zu Beginn der Pandemie, es ging ums Thema Widerstandsfähigkeit. Dabei hat der Schüler seinen Lehrer aber so beeindruckt, dass nun das Buch «Der Berset-Code» erschienen ist.
Zwischen Selbsthilfe-Tipps für die Leserschaft und Bersets persönlichen Erfahrungen während der Corona-Zeit gibt es auf den knapp 180 Seiten wenig Raum für kritische Fragen. Gleich in der Einleitung nimmt der Psychiater vorweg: «In diesem Buch geht es mir nicht darum, Alain Berset politisch herauszufordern.» Auch zu den Ereignissen, die in der Öffentlichkeit als «Skandale» dargestellt wurden, äussere sich der Bundesrat nicht.
Viel Neues steht also nicht im Buch. Und ob die Anti-Stress-Lektionen von Berset tatsächlich hilfreich sind für die gemeine Leserschaft? Immerhin konnte der damalige Gesundheitsminister 18 Monate lang nicht ohne Leibwächter aus dem Haus gehen und spricht von derart viel Druck, dass er das Gefühl hatte, man wolle ihn fertigmachen. Keine besonders durchschnittliche Erfahrung.
Blick dokumentiert sieben Tipps, die auch ausserhalb von Führungskreisen auf Interesse stossen könnten.
Nach Südamerika reisen
Als junger Mensch soll man die Komfortzone zu verlassen, findet Berset. Solche Erfahrungen trainierten etwa das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und zwingen einen dazu, neue Kontakte zu knüpfen.
Er selbst habe das bei einer Südamerika-Reise erfahren. Etwa, als er kein Geld für ein Taxi hatte und die ganze Nacht in einem Flughafen in Brasilien verbrachte. Eine junge Frau bei der Touristeninformation erklärte ihm dort die Konjugation einfacher portugiesischer Verben.
Zigarren nicht heimlich rauchen
Sich so zeigen, wie man ist, rät der SP-Politiker. Man solle beispielsweise auch mal sagen können: «Ich bin zwar Gesundheitsminister, rauche aber ab und zu gerne eine Zigarre.» Es sei nicht gut, seine Zigarren heimlich zu rauchen. Jedenfalls er selbst nimmt diesen Rat ernst. An der Street Parade 2023 zeigte er sich ganz offen mit Bier, Zigarre und Federboa.
Den richtigen Salat mischen
Auch Ernährungstipps für besonders viel Power hält Berset bereit. Seine Ernährung habe sich während der Pandemie verändert: Er reduzierte den Fettanteil, ass weniger Fleisch, dafür mehr Rohkost und Salat.
Eine besondere Salatmischung hat es ihm dabei besonders angetan. Seine Mitarbeitenden hätten sich sogar darüber lustig gemacht, dass er täglich denselben Salat gegessen hat. Hier das simple Rezept: Glatte Petersilie, junge Zwiebeln, Fetakäse und Olivenöl.
Athlet sein
Alles geben, um einen guten Job zu machen. Von dieser Überzeugung sei Berset geleitet worden, als er den Sprung in den Bundesrat wagte. Um vollen Einsatz zu geben, habe ihm seine Erfahrung als Sportler geholfen. «Ein Sportler, der im Wettkampf nicht alles gegeben hat, ist kein Athlet.» Und wenn man alles gebe, würden auch die Chancen auf Erfolg steigen.
Den Kaffee im Blick
«Ich sehe nicht die Leere, sondern den Kaffee», so Berset im Gespräch. Sagen will er damit, dass er das Glas halb voll statt halb leer sieht und eine optimistische Haltung hat. Das habe beim Überstehen der Krise geholfen: Wenn er nur Angst gehabt hätte, sowohl um sich selbst als auch um seine Familie, hätte er nicht so effektiv arbeiten können.
Reden ist Silber, schweigen ist Gold
Während seiner Zeit als Bundesrat wurde Berset oft ein Teflon-Effekt nachgesagt: An ihm prallt alles ab. Das sieht Berset allerdings dezidiert anders. «Das Geheimnis dieses Teflon-Effekts ist, dass es ihn nicht gab.» Die Skandale um seine Person seien nämlich keine gewesen, sondern lediglich aufgebauscht worden, findet der alt Bundesrat wenig überraschend. Zu den zahlreichen Affären um seine Person musste er sich nach dieser Aussage nicht weiter äussern.
Und so konnte er die empfohlene Regel auch gleich anwenden: Auf Vorwürfe am besten nicht reagieren. Wenn man für etwas Abbitte leisten würde, sei das ein Beleg dafür, dass es ein grösseres Problem gebe, so Berset
Bore-out im Bundesratsamt
Von viel Druck während der Pandemie ist im Buch die Rede. Gestresst war Berset aber nicht immer. Das Bundesratsamt hat ihn gelegentlich sogar gelangweilt. «Nach meinem Präsidialjahr 2018 war die Spannung bei mir weg.» So bestand für ihn trotz vollem Programm Gefahr zur Langeweile. Psychiater Hasler spricht hier sogar von Unterforderung, die zu einem «Bore-out» geführt habe, übersetzt so viel wie Ausgelangweilt-Sein.
Schon in seiner Zeit im Parlament sei das ein Problem gewesen. Auch da hat Berset eine Lösung bereit: Etwas Neues beginnen. Er selbst habe darum das Fliegen gelernt. Zum Hobby äussert er sich allerdings nicht weiter, das könnte immerhin auch einer der Skandale betreffen, zu denen er lieber schweigen möchte: Als Hobby-Pilot hat er einmal einen Luftpolizei-Einsatz in Frankreich ausgelöst.