CO2-Gesetz: Schmerzliche Niederlage für Sommaruga
Es war ein schwarzer Tag für Umweltministerin Simonetta Sommaruga (61). Das Volk hat das CO₂-Gesetz mit 51,6 Prozent überraschend abgelehnt.
«Die Vorlage war vermutlich überladen», sagte Sommaruga am Sonntagabend. Sie fürchtet, dass es für die Schweiz nun schwierig wird, die Klimaziele zu erreichen. «Wir müssen nun einen anderen Weg finden, wie wir kurz- und mittelfristig mit dem Klimawandel umgehen», sagte sie. Dazu müsse man auch mit den Gegnern der Vorlage zusammenarbeiten.
Diese jubillierten am Sonntag. Die SVP und die Erdölverbände hatten in ihrer Kampagne die Kosten ins Zentrum gestellt – mit Erfolg. Die Bevölkerung sei für mehr Klimaschutz, sagte SVP-Präsident Marco Chiesa in der Elefantenrunde von Blick-TV. «Aber sie ist nicht für eine sozialistische Umverteilungspolitik auf Kosten von Wirtschaft und Arbeitsplätzen.»
Die SVP vermochte mit ihren Argumenten insbesondere die Menschen auf dem Land zu überzeugen. Diese waren – auch wegen der beiden Agrarinitiative – zahlreich an die Urne geströmt. Die Stimmbeteiligung war mit 59,6 Prozent ausserordentlich hoch.
Agrar-Initiativen: «Beide Seiten müssen aufeinander zugehen»
Es war einer der heftigsten Abstimmungskämpfe, die die Schweiz je erlebt hat. Sogar zu Morddrohungen kam es rund um die beiden Agrar-Initiativen. Letztlich aber war das Resultat dann doch erwartet deutlich: Die Trinkwasser-Initiative wird mit 60,7 Prozent abgelehnt, die Pestizid-Initiative fast mit dem genau gleichen Resultat von 60,6 Prozent.
Damit erhalten Landwirte, Gartenbesitzerinnen und die öffentliche Hand vorderhand keine zusätzlichen Umweltauflagen für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.
Es sei ein sehr emotionaler Abstimmungskampf gewesen, befand gestern auch SVP-Volkswirtschaftsminister Guy Parmelin (61) vor den Medien. «Es ist jetzt wichtig, dass sich die beiden Seiten aufeinanderzubewegen». Nur gemeinsam schaffe man den Weg in eine gute Zukunft für die Landwirtschaft. «Dazu braucht es aber den Willen beider Seiten.»
Es gebe einen immer grösseren Graben zwischen den grossen Städten und dem Land – auch das zeige die Abstimmung. Diese Gräben müssten wieder zugeschüttet werden, betonte der Bundespräsident. «Die Bevölkerung muss auch die Schwierigkeiten der Landwirtschaft zur Kenntnis nehmen.»
Die Bauern hätten nun die Möglichkeit, den Weg in Richtung einer nachhaltigeren Landwirtschaft weiterzugehen. So sei die Politik etwa daran für ein saubereres Trinkwasser zu sorgen. Parmelin: «Aber deswegen muss nicht das ganze System revolutioniert werden, es reicht eine Evolution.»
Covid-19-Gesetz: «Damit bleiben wir flexibel»
Die Annahme des Covid-19-Gesetzes sei eine gute Nachricht für alle, die in der Corona-Krise von Hilfsgeldern profitieren, erklärte Gesundheitsminister Alain Berset (49) gestern vor den Medien. Die Schweiz hat die Vorlage deutlich mit 60,2 Prozent angenommen.
Das erlaube es unter anderem, mit dem Covid-Zertifikat weiterzufahren. Hinzu komme die Übernahme der Kosten für Corona-Tests. Beides seien wichtige Massnahmen, um aus der Krise herauszufinden, betonte Berset. Gleichzeitig könnten Bundesrat und Parlament weiterhin flexibel auf die Pandemie reagieren.
Die Sache hat aber einen Haken: Die Schweiz muss allenfalls schon bald nochmals über das mehrfach erweiterte Gesetz abstimmen. Die Junge SVP und die «Freunde der Verfassung» wollen erneut ein Referendum starten. Im Visier habe man vorab das Covid-Zertifikat. Dieses wurde im März via Covid-19-Gesetz gesetzlich legitimiert.
Vorerst werde aber unvermindert am Covid-Zertifikat weitergearbeitet, stellt der SP-Bundesrat klar. «Wir befinden uns noch immer in einer Ausnahmesituation.»
Anti-Terrorgesetz: Die Debatte geht schon weiter
Karin Keller Sutter (57) hat ihre Vorlage in Sicherheit gebracht. 56,6 Prozent sagen Ja zum Anti-Terrorgesetz. Damit erhält die Polizei mehr Mittel in die Hand im Kampf gegen den Terrorismus. So kann sie künftig etwa Personen präventiv Kontakte verbieten oder unter Hausarrest stellen.
Die Vorlage stiess schweizweit auf Unterstützung. Einzig die Bürgerinnen und Bürger in Basel-Stadt sagten Nein. Die Diskussion ist deswegen aber noch nicht abgeschlossen: Noch am Abstimmungssonntag kündigten die Grünen an, einen Vorstoss einzureichen, um genauer zu definieren, was mit terroristischer Aktivität gemeint ist. Die Gegner hatten im Abstimmungskampf wiederholt die in ihren Augen schwammige Gefährder-Definition kritisiert.
Das rasche Vorpreschen kommt nicht überall gut an. So hält etwa GLP-Nationalrat Beat Flach (56) – der gegen das Terrorgesetz war – den Vorstoss für verfrüht. Jetzt schon an dem Gesetz «herumzuschrauben» werde im Parlament keine Mehrheit finden, sagte er. Auch Justizministerin Keller-Sutter liess durchblicken, dass sie wenig vom Vorgehen der Grünen hält.