Thurgauer Lehrer-Tandem
Zwei Studenten übernehmen Verantwortung im Klassenzimmer

Inmitten des Lehrermangels übernahmen Cedric Henry und Aaron Aerne als Tandem-Lehrer eine Klasse an der Primarschule Kradolf TG. Nach dem ersten gemeinsamen Jahr blicken sie auf ihre Erfahrungen zurück.
Publiziert: 19.08.2024 um 00:31 Uhr
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Übernahmen als Lehrer-Tandem im vergangenen Schuljahr eine eigene Klasse: Aaron Aerne (links) und Cedric Henry.
Foto: Siggi Bucher
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Tobias OchsenbeinRedaktor Politik

Sie lassen sich zu Lehrpersonen ausbilden, wollen Sinnvolles tun. Cedric Henry und Aaron Aerne (beide 23 Jahre), Studenten an der Pädagogischen Hochschule (PH) Thurgau, haben sich im vergangenen Sommer als Lehrer-Tandem gemeinsam ihrer ersten eigenen Klasse an der Primarschule Kradolf TG angenommen.

Die beiden tun damit genau das, wofür Dagmar Rösler (52), die oberste Lehrerin der Schweiz, bereits Anfang Jahr im Interview mit Blick plädierte: dass eigentlich immer zwei Lehrpersonen in einem Klassenzimmer stehen müssten.

Der Lehrermangel ist akut. Wegen der steigenden Anzahl Kinder braucht es immer mehr Lehrpersonen – auch im neuen Schuljahr, das vielerorts am Montag wieder startet. Darum wollen Henry und Aerne Verantwortung als Klassenlehrpersonen übernehmen, den Unterricht mit eigenen Regeln und Ritualen gestalten. Ein Jahr nach ihrem Berufseinstieg blicken sie zurück auf ihr erstes Schuljahr.

«Gut aufgenommen worden»

Der erste Schultag im vergangenen August bleibt den beiden in lebhafter Erinnerung. Die Nervosität war gross. Immer wieder kreisten ihre Gedanken um Fragen wie: Werden die Kinder sie als Lehrpersonen ernst nehmen? Werden die Eltern ihre Rolle akzeptieren?

Die Angst verflog schnell. «Wir haben eine tolle Klasse aus Dritt- und Viertklässlern erhalten. Gemeinsam fanden wir schnell unseren Rhythmus. Und wurden gut an der Schule und im Team der Lehrpersonen aufgenommen», erzählt Henry. Auch die Zusammenarbeit untereinander klappte von Anfang an gut, die beiden sind auch privat befreundet. «Es war, was wir uns erhofft hatten», ergänzt Aerne.

Henry und Aerne studieren in der sogenannten «berufsintegrierten Studienvariante». Das Programm der PH Thurgau richtet sich an Studierende der Kindergarten- und Primarstufe. Diese haben die Möglichkeit, in den letzten beiden Studienjahren gemeinsam mit einem Partner eine befristete Stelle als Klassenlehrperson mit einem 50- bis 70-Prozent-Pensum zu teilen. Der Vorteil: Während dieser Zeit werden sie weiterhin von der PH begleitet und besuchen Lehrveranstaltungen.

Mit Ach und Krach genügend Lehrpersonen

Am Montag ist Schulbeginn in mehreren Kantonen und Regionen, so unter anderem in Zürich, in der Inner- und Westschweiz und im Wallis. An den meisten Orten konnten auf den letzten Drücker und mit Ach und Krach praktisch alle Stellen besetzt werden – etwa in Luzern oder im Wallis. Allerdings handelt es sich teilweise um Zwischenlösungen mit Personen, die noch studieren oder die den beruflichen Quereinstieg gewagt haben.

In anderen Kantonen blieben einzelne Positionen unbesetzt. Vergangene Woche fehlten etwa an der Volksschule des Kantons Zürich noch immer 47 Lehrpersonen. Auch in Bern fehlten zu Beginn des Schuljahrs über 20 Lehrkräfte.

Am Montag ist Schulbeginn in mehreren Kantonen und Regionen, so unter anderem in Zürich, in der Inner- und Westschweiz und im Wallis. An den meisten Orten konnten auf den letzten Drücker und mit Ach und Krach praktisch alle Stellen besetzt werden – etwa in Luzern oder im Wallis. Allerdings handelt es sich teilweise um Zwischenlösungen mit Personen, die noch studieren oder die den beruflichen Quereinstieg gewagt haben.

In anderen Kantonen blieben einzelne Positionen unbesetzt. Vergangene Woche fehlten etwa an der Volksschule des Kantons Zürich noch immer 47 Lehrpersonen. Auch in Bern fehlten zu Beginn des Schuljahrs über 20 Lehrkräfte.

Auch Eltern sind begeistert

Beide unterrichten je zwei Tage allein, jeweils mittwochs halten sie zudem vier Lektionen gemeinsam ab. Aerne und Henry sind sich einig: Es ist von Vorteil, die Verantwortung teilen zu können. «Hätten wir je eine Klasse allein übernommen, ohne die Unterstützung des anderen, wären wir mehr an unsere Grenzen gestossen.»

Auch der Umgang mit den Eltern gestaltete sich positiv, erzählen die beiden. Bereits beim ersten Elternabend, zwei Wochen nach Schulbeginn, stiess das Tandem-Modell auf Wohlwollen. «Fragen und Unsicherheiten konnten wir rasch beantworten und klären», sagt Aerne. Viele Eltern äusserten sich zudem gegen Ende des Schuljahrs lobend über die positive Entwicklung ihrer Kinder.

Missverständnisse normal, Kommunikation hilft

Natürlich gab es auch Herausforderungen im Klassenzimmer, besonders bei der Koordination der unterschiedlichen Stufen innerhalb einer Klasse. Dritt- und Viertklässler haben unterschiedliche Bedürfnisse und Ansprüche. «Wir arbeiten mit Kindern, ihren Familien und anderen Lehrpersonen. Da kommt es hin und wieder zu Missverständnissen, das ist normal», sagt Henry. Aber: Klare, einheitliche Regeln und offene Kommunikation halfen, die Schwierigkeiten zu meistern.

Henry und Aerne blicken begeistert auf ihr erstes Jahr als Tandem-Klassenlehrerpaar zurück und freuen sich bereits auf das kommende Schuljahr. «Die enge Verknüpfung von Praxis und Theorie ermöglichte es uns, das Gelernte direkt umzusetzen und sofort Feedback zu erhalten.» Das sei der vielleicht grösste Pluspunkt: der fliessende Übergang vom Studium in die Berufswelt.

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