Die Kantone machten ihrem Ärger Luft, noch bevor Gesundheitsminister Alain Berset (48) vergangenen Freitag das Rednerpult verlassen hatte. Man sei enttäuscht über den Entscheid des Bundesrats, die meisten Lockerungen zu vertagen, liess die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren verlauten. Zudem hielten sie fest, was sie von der Landesregierung erwarten. Nämlich, dass sie bei den nächsten Schritten «auch dem Impffortschritt und dem breiteren Testen Rechnung trägt».
Doch gerade was das breite Testen anbelangt, machen die Kantone selbst nicht vorwärts. Die meisten Kantone haben laut «SonntagsZeitung» noch immer keinen Plan, wie sie Massentests in Schulen und Betrieben durchführen wollen – und ob überhaupt. Die St. Galler Regierung beispielsweise hat eben erst bekräftigt, auf regelmässige präventive Tests zu verzichten. Keine präventiven Massentests an Schulen gibts auch in Zürich, Thurgau und Basel-Stadt. Mit letzterem also auch ausgerechnet in jenem Kanton nicht, in dem Lukas Engelberger (45), Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz, als Regierungsrat amtet.
Von Testziel weit entfernt
Luzern, Solothurn, Schwyz, Freiburg, die Waadt und das Wallis wollen gemäss «SonntagsZeitung» erst in den nächsten Wochen entscheiden, ob und in welchem Rahmen ihre Pilotprojekte für breitflächiges Testen ausgeweitet werden. Vorwärts macht derweil der Kanton Basel-Landschaft. Und auch im Aargau und in Bern soll bald breitflächtig getestet werden.
Das Ziel des Bundesrats, dass wöchentlich 40 Prozent der Bevölkerung vorsorglich getestet werden, wird angesichts des Zögerns vieler Kantone auf absehbare Zeit wohl kaum erreicht werden. Zwar kann jede Person auch selbst zur Apotheke oder ins Testzentrum gehen und gratis einen Schnelltest machen. Doch der Schwerpunkt der Schweizer Teststrategie, wie sie der Bundesrat vorsieht, liegt eigentlich auf den Flächentests an Betrieben und Schulen, weil sie dort viel systematischer durchgeführt werden können.
SBB machen nicht mit
Auch die bundesnahen Betriebe zaudern. Die SBB teilen mit, dass sie ihr Personal «nicht aktiv» testen würden. Und das, obwohl die Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter ständig unterwegs und damit einem gewissen Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind. Die Bundesbahnen schieben die Verantwortung auf die Mitarbeitenden ab. Sie könnten sich ja bei leichten Krankheitssymptomen selbst gratis testen lassen.
Auch die Post will ihre Mitarbeitenden nicht systematisch testen. Man sehe von «unternehmensweiten Massentests» derzeit ab, wird ein Sprecher in der «SonntagsZeitung» zitiert. Ob und wo man Angebote der Kantone annehmen werde, prüfe man noch. Die Swisscom hält Massentests ebenfalls nicht für nötig, wie BLICK jüngst berichtete. (lha)