Es ist längst eine Binsenweisheit: Damit wir die Pandemie in den Griff kriegen, Infektionsketten unterbrechen können, müssen wir die Corona-Fälle in der Bevölkerung möglichst frühzeitig erkennen. Doch noch immer fehlt hierzulande eine schweizweite Infrastruktur für Corona-Schnelltests. Auch Gesundheitsminister Alain Berset (48) zeigte sich lange skeptisch gegenüber Massentests – jetzt prescht er vor.
Jeder Bürger und jede Bürgerin soll fünf Schnelltests pro Monat erhalten – gratis! Ab 15. März wird der Bund die Kosten für sämtliche Corona-Tests übernehmen. Dies kündigte der Bundesrat in seiner Pressekonferenz am Freitag an. Aber wie funktionieren diese Tests? Welche kommen zur Anwendung? Und wer muss sie bezahlen? BLICK beantwortet die wichtigsten Fragen.
Warum sind Massentests so wichtig?
Um allfällige Infektionsherde frühzeitig zu erkennen. Es ist eine einfache Wahrscheinlichkeitsrechnung: Wird die breite Bevölkerung häufiger getestet, können Infizierte und deren Kontaktpersonen schneller in Quarantäne gesteckt werden. Auch hätte man grössere Chancen, Infizierte, die keine Symptome aufweisen, zu erkennen und zu isolieren. So sollen die Neuinfektionen drastisch sinken. Das Resultat wären weniger Erkrankte und Tote – was wiederum auch zu weiteren Lockerungsschritten führen könnte.
Wo sind Schnelltests schon zur Anwendung gekommen?
In Alters- und Pflegeheimen, Schulen und Firmen. Die Krux: Es gibt bislang keine Pflicht vom Bund. Ob und in welcher Form präventive Massentests eingesetzt werden, wird den Kantonen überlassen. So beschränkt man sich in St. Gallen derzeit auf Alters- und Pflegeheime, wo die Bewohner und das Personal alle fünf bis sieben Tagen zum Schnelltest antraben müssen. Im Kanton Bern läuft zudem an ausgewählten Schulen ein Pilotprojekt mit Massentests. Und auch der Kanton Aargau bietet seit Mittwoch freiwillige Schnelltests für die Schüler an. Der Schweizer Testturbo ist der Kanton Graubünden: Dort wird bereits seit Wochen die breite Bevölkerung präventiv getestet – auch 150 Firmen sind mit dabei.
Welche Corona-Tests gibt es in der Schweiz?
Bereits seit Monaten hoch im Kurs steht der zuverlässige PCR-Test, der vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) empfohlen wird. Nach dem Nasen-Rachen-Abstrich dauert es allerdings bis zu 48 Stunden, bis man ein Resultat erhält. Ohne Labor geht nichts.
Auch der Antikörper-Test muss ins Labor, dort wird allerdings eine Blutprobe entnommen. Dieser erkennt das Virus aber erst im Endstadium oder nach der Infektion – zu spät für eine Verhinderung der Ausbreitung.
Etwas neuer sind die Antigen-Schnelltests, die in ersten Apotheken von Fachpersonen gemacht werden. Dafür wird, ähnlich wie beim PCR-Test, ein Abstrich an der hinteren Nasenwand genommen. Diese sind zwar etwas weniger empfindlich als der «Gold-Standard» PCR, aber ebenfalls von Swissmedic überprüft und vom Bundesrat freigegeben. Innert 15 bis 30 Minuten liegt das Ergebnis vor.
Spuck-Schnelltests kommen bereits vereinzelt an Schulen zum Einsatz. Sie sind für Einzelpersonen allerdings noch nicht zugelassen. Die Abnahme der Probe ist sehr viel einfacher, da keine ärztliche Begleitung benötigt wird. Ausgewertet werden diese Tests ebenfalls im Labor.
Welcher Test wird mir der Bund zuschicken?
Einen Nasen-Abstrich-Test, der sich für die eigenen vier Wänden eignet. Ähnlich wie ein Schwangerschaftstest soll das Resultat innert Kürze verfügbar sein. Ein Labor braucht es nicht. Fünf solcher Tests wird es pro Monat geben – gratis. Aber der Haken: Bislang sind in der Schweiz noch keine Tests zugelassen, die man selbständig und ohne Labor in den eigenen vier Wänden durchführen kann. Die Heilmittelbehörde Swissmedic prüft derzeit eine Zulassung. Wann das erste Päckli mit den Nasen-Abstrich-Tests also kommt, ist noch ungewiss. Übrigens: In den USA und in Kanada werden Spucktests eingesetzt – auch dort wird kein Labor benötigt. Der Bund bemängelt da aber die Genauigkeit.
Wer übernimmt die Kosten?
Ab dem 15. März wird der Bund die Kosten sämtlicher Tests in der Schweiz übernehmen. Er schätzt die Kosten dieser Offensive auf eine Milliarde Franken. Bislang und bis Mitte Monat war die Kostenfrage kompliziert. Einen Antigen-Schnelltest in der Apotheke erhält man kostenlos, wenn man Covid-Symptome aufweist. Auch symptomfreie Bewohner eines Altersheims oder Schüler müssen nichts bezahlen. Wer selbst präventiv testen will, muss rund 80 Franken pro Antigen-Schnelltest berappen. Auch Schulen und Firmen profitieren vom Bundesratsentscheid. Bislang mussten diese eine Kostenübernahme begründen und beweisen, weshalb trotz Schutzkonzept ein erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht.
Wie schneidet die Schweiz im internationalen Vergleich ab?
Die neue Strategie des Bundesrats ist ein Gamechanger. Bislang waren viele Länder in Sachen Massentests schon weiter. Zum Beispiel unser Nachbarland Österreich: Wer dort zum Coiffeur gehen möchte, muss einen negativen Covid-Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist. Ganz nach dem Motto: Kein frischer Test, keine neue Frisur.