«Der aktuelle Entwurf hat gar keine Mehrheit»
1:22
Teil-Entmachtung geplant?«Der aktuelle Entwurf hat gar keine Mehrheit»

Teil-Entmachtung geplant?
Cassis muss sich warm anziehen

Höchste Kreise in der Bundesverwaltung und in der Wirtschaft sollen darauf hinarbeiten, dass Aussenminister Ignazio Cassis im EU-Dossier entmachtet wird. Justizministerin und Parteikollegin Karin Keller-Sutter soll übernehmen.
Publiziert: 25.04.2021 um 10:42 Uhr
|
Aktualisiert: 26.04.2021 um 14:30 Uhr
1/13
Bundespräsident Guy Parmelin ist mit leeren Händen von seinem Treffen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zurückgekehrt.
Foto: STEFAN BOHRER

Der Druck auf FDP-Bundesrat Ignazio Cassis (60) steigt. Sozialpartner murren, der Aussenminister habe sie zum EU-Rahmenabkommen kaum angehört. Deswegen seien die Positionen nun verhärtet. Sogar in der Regierung steht er alleine da. Nachdem der Tessiner im SonntagsBlick bereits seine Reisepläne nach Brüssel angekündigt hatte, liessen ihn seine Bundesratskollegen im Regen stehen. Es war Bundespräsident Guy Parmelin (61), der sich mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (62) traf.

Nun aber könnte es für Cassis knüppeldick kommen. Höchste Kreise aus der Wirtschaft und der Bundesverwaltung sollen daran sein, seine Teil-Entmachtung einzufädeln. Das schreibt die «Sonntagszeitung» und beruft sich dabei auf mehrere voneinander unabhängige Quellen. Sollte das Rahmenabkommen endgültig beerdigt werden, dann solle Justizministerin Karin Keller-Sutter (57) den Lead übernehmen.

So würde Cassis zwar Aussenminister bleiben. Auch wäre er weiter zuständig für aussenpolitische Fragen zur EU. Doch: Den Vorsitz im dreiköpfigen Europa-Ausschuss müsste er an seine Parteikollegin abtreten. In dem Gremium sitzt neben den beiden FDP-Mitgliedern noch Wirtschaftsminister Parmelin.

Will sich Keller-Sutter die Finger verbrennen?

Sollte das Abkommen endgültig scheitern, braucht es einen Plan B. Keller-Sutter würde für einen Neuanfang stehen, heisse es aus der Verwaltung. Zudem fallen die umstrittenen Punkte ohnehin in den Bereich der Justizministerin. Denn künftig würde es vorab darum gehen, wie die Schweiz in Zukunft EU-Recht nachvollziehen soll.

Es ist der Bundesrat, der über den Vorsitz im Europa-Ausschuss entscheidet. Dabei aber werde die Kreise, die Cassis’ Entmachtung vorantreiben, nicht ignorieren können, glaubt die «Sonntagszeitung». Tatsächlich soll die Regierung bereits über eine Neuverteilung der Funktionen im Europa-Ausschuss diskutiert haben. Es sei aber nie Thema gewesen, bei einem Scheitern des Abkommens Keller-Sutter den Lead zu übertragen, wird Bundesratssprecher André Simonazzi zitiert.

Kommt hinzu: Es ist unklar, ob Keller-Sutter tatsächlich riskieren will, sich am EU-Dossier die Finger zu verbrennen. Sie soll sich bisher nicht darum gerissen haben. Auch war sie in den vergangenen Wochen und Monaten auffallend zurückhaltend bei dem Thema.

Aussenpolitiker zeigen sich skeptisch

Schon länger wird dem Bundesrat im EU-Dossier internes Machtgerangel vorgeworfen. Auch das neuste Ringen wird im Parlament mit Skepsis beobachtet. So etwa Aussenpolitikerin Elisabeth Schneider-Schneiter (57). «Warum kann die FDP ihre beiden Mitglieder im Bundesrat nicht dazu ermahnen, sich auf Lösungen zu konzentrieren, statt interne Machtkämpfe auszutragen?», wirft die Mitte-Nationalrätin auf Twitter die Frage auf?

Auch ansonsten zeigen sich Mitglieder der Aussenpolitischen Kommissionen (APK) sehr kritisch gegenüber Entmachtungs-Plänen. «Das wäre ein schwerer Schlag gegen Cassis», findet SP-Nationalrat Eric Nussbaumer (60). «Wir brauchen aber Lösungen und nicht Personalrochaden.»

Auch für SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel (55) wäre ein solcher Schritt eher schädlich fürs Rahmenabkommen, weil er weiter für Unruhe sorgen würde: «Aber der SVP soll das Recht sein.» Die Volkspartei war stets gegen das Rahmenabkommen.

«Irritiert» über Forderungen nach einer Teil-Entmachtung seines Parteikollegen Cassis zeigt sich FDP-Ständerat Damian Müller (36). Schliesslich sei der Gesamtbundesrat für das EU-Dossier verantwortlich, findet der APK-Präsident. Solche Ränkespiele seien wenig zielführend. «Jetzt gilt es zusammenzuarbeiten im Interesse unseres Landes!»

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.

Noch aber bleibt Cassis federführend. Bereits am Montag müssen er und Parmelin vor den Aussenpolitischen Kommissionen von National- und Ständerat antraben. Dort sollen sie die Karten auf den Tisch legen und erklären, mit welchem Auftrag der Bundespräsident nach Brüssel gereist ist. Das Parlament will endlich wissen, welche Optionen der Bundesrat im EU-Dossier nun vorsieht.

Die Federführung dürfte auch bei Cassis bleiben. In einer Stellungnahme reagiert die Bundeskanzlei auf den Artikel der «Sonntagszeitung». Demnach sei im Bundesrat eine Neuverteilung von Funktionen in einem seiner Ausschüsse nie ein Thema gewesen. (dba)

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?