Die Schweiz steht mit Österreich in engem Austausch wegen der afghanischen Migranten, die derzeit in grosser Zahl ins Land kommen. «Diese Gespräche sind konstruktiv, das nächste Treffen wird in den nächsten Wochen stattfinden», teilt das Staatssekretariat für Migration (SEM) mit. Beide Länder hätten das gleiche Ziel: Sie wollten die «Sekundärmigration» so weit als möglich verhindern. Beide versuchen also zu unterbinden, dass Migranten illegal von einem europäischen Staat in den anderen reisen.
Doch genau das geschieht. Mit ÖBB-Zügen fahren täglich mehrere Dutzend afghanische Männer in den Grenzbahnhof Buchs SG ein. Dort werden sie von Schweizer Grenzwächtern und der Kantonspolizei in Empfang genommen. Häufig würden die Männer sogleich wieder untertauchen. Um sie zu inhaftieren, fehlt die gesetzliche Grundlage.
Die meisten wollen weiter
Die meisten Afghanen wollen nicht in der Schweiz bleiben, sondern geben an, nach Frankreich oder Grossbritannien zu wollen. So stellen nach Aussage des SEM auch weniger als 10 Prozent der Aufgegriffenen ein Asylgesuch.
Wer als illegal Eingereister kein Asyl will, den können die Behörden relativ einfach in unser östliches Nachbarland zurückführen – dank des Rückübernahmeabkommens mit Österreich.
Und wer um Asyl nachsucht, bei dem wird nach den Dublin-Regeln geprüft, ob er schon in einem EU-Land Asyl beantragt hat oder ihm nachzuweisen ist, dass er über einen EU-Staat eingereist ist. All diese Migranten können laut den Dublin-Bestimmungen ebenfalls in diese Staaten zurückgeführt werden.
Laut Angaben des SEM hat Österreich von Januar bis Ende August 215 Migranten nach den Dublin-Bestimmungen zurückgenommen.
Anerkennungsquote: 15 Prozent
Bei den noch verbleibenden Asylbewerbern prüft die Schweiz, ob eine Person in ihrem Herkunftsland an Leib und Leben bedroht ist oder nicht. «In diesem Jahr wurden bis Ende Oktober 2113 Asylgesuche afghanischer Staatsbürger entschieden», teilt SEM-Sprecher Lukas Rieder mit. Davon seien 311 Personen als Flüchtlinge anerkannt worden. Die Quote für anerkannten Flüchtlinge liegt damit bei den afghanischen Migranten nur bei 15 Prozent.
1203 Personen wurden vorläufig aufgenommen. Sie gelten zwar nicht individuell an Leib und Leben gefährdet, doch wegen er aktuellen politischen Lage können sie nicht nach Afghanistan zurück.
Am meisten Afghanen
Wie die Asylstatistik für den Oktober zeigt, sind letzten Monat dennoch am meisten Asylgesuche von afghanischen Staatsangehörigen eingegangen: 398, gefolgt von türkischen Staatsangehörigen mit 224 Gesuchen und 147 Gesuchen von Personen aus Eritrea.
Doch warum gelangen derzeit so viele afghanischen Migranten in unser Land? Wie das SEM erklärt, sind in den Jahren 2019 und 2020 viele Afghanen in Griechenland angekommen, deren Ziel aber Westeuropa war. Da der Weg nach Westen – auch wegen Corona – aber blockiert war, mussten sie auf den Inseln in der Ägäis ausharren.
Migranten aus Griechenland
Anfang 2020 warteten 42'000 Migranten auf den Inseln, heute sind es noch knapp 4500 Leute. Da die Sozialleistungen für anerkannte Flüchtlinge in Griechenland deutlich unter dem mitteleuropäischen Niveau liegen und Arbeit schwierig zu finden ist, reisen viele, sobald dies möglich ist, gegen Westen weiter. Ein Teil dieser Menschen passiert auf ihrem Weg auch die Schweiz, wie das SEM die momentane Lage einschätzt. Zum Winter hin dürften die Einreisen von Afghanen wieder zurückgehen.