SVP-Heer bricht nach Präsidiums-Wahl sein Schweigen
«Chiesa ist ein armer Siech»

Der Zürcher Nationalrat Alfred Heer galt lange als möglicher neuer SVP-Präsident. Der Parteispitze aber war er nicht genehm, weshalb der Tessiner Marco Chiesa vorgezogen wurde. Lange hat Heer dazu geschwiegen. Nun spricht er erstmals.
Publiziert: 27.08.2020 um 13:20 Uhr
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Aktualisiert: 19.10.2020 um 19:33 Uhr
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Alfred Heer wurde von der Kantonalzürcher SVP offiziell nominiert.
Foto: Keystone

Die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Fluchtartig hatte der Zürcher Nationalrat Alfred Heer (58) die SVP-Delegiertenversammlung vergangenen Samstag verlassen. Kurz zuvor war Marco Chiesa (45) zum neuen Parteipräsidenten ernannt worden. Von Heers Kandidatur hatten SVP-Spitze und Findungskommission nichts wissen wollen und an seiner Stelle den Tessiner Ständerat aus dem Hut gezaubert. Wochenlang hatte Heer dazu geschwiegen. Erst im letzten Moment zog die Zürcher Kantonalsektion die Kandidatur zurück.

Nun bricht Heer gegenüber der «Republik» erstmals sein Schweigen. Von einem Streit mit der Parteispitze und SVP-Doyen Christoph Blocher (79) will er nichts wissen, setzt lieber auf versöhnliche Töne. «Die Findungskommission wollte einen Jüngeren, das ist schon gut», sagt er. Die Wahl von Chiesa sei für ihn gar kein Problem: «Ich habe ja auch nichts dafür getan, um zu gewinnen. Ich habe den Job nicht gewollt, aber ich hätte es gemacht.»

«Die SVP Zürich wollte Kampf­wahl, Spektakel»

Auch mit der Kritik einzelner Delegierter kann Heer nichts anfangen. An der Versammlung war mehrfach der Einer-Wahlvorschlag moniert worden. Mehrere Parteimitglieder hätten sich eine Auswahl gewünscht. So aber werde die Volkspartei von oben nach unten regiert.

«Ich spüre die Unterstützung der Parteimitglieder»
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Marco Chiesa zum neuen Amt:«Ich spüre die Unterstützung der Parteimitglieder»

Auch die SVP Zürich habe sich ursprünglich eine Kampfwahl gewünscht, erzählt Herr: «Aber ich mache doch keinen Wahl­kampf für ein Amt, von dem ich von Anfang an gesagt habe, ich mach es nur, wenn ich muss.» Nachdem die Findungskommission unter dem ehemaligen Fraktionschef Caspar Baader (66) Chiesa vorgeschlagen hatte, sei die Sache für ihn selber erledigt gewesen.

«Mal einen Lateiner – das find ich gut. Ich habe der SVP Zürich gesagt, sie sollen mich zurückziehen. Aber die SVP Zürich wollte Kampf­wahl, Spektakel», sagt Heer. «Klar: Jetzt bin ich natürlich der Trottel. Aber das ist mir gleich.» Er habe ja nicht für sich kandidiert, sondern wegen der Partei. Für die Findungs­kommission sei es gut gewesen, mehr Auswahl zu haben.

Präsidium sei «ein brutaler Knochenjob»

Mehrfach war der Vorwurf laut geworden, Heer sei der Parteispitze einzig nicht genehm, weil er nicht immer linientreu und auch mal kritisch gegen Blocher sei. Für Heer selber aber gehören partei­interne Auseinander­setzungen mit dazu. «Die musst du aushalten. Ist halt brutal, aber ja», wird er zitiert.

Gerade weil immer wieder von Streitigkeiten zwischen ihm und Blocher die Rede sei, will Heer die vergangenen Wochen geschwiegen haben. «Weil ihr hier immer mit dem Gleichen kommt. Mit dem gleichen Mist, ich sei Blocher-fern», sagt Heer. Das sei Blödsinn. «Die Journalisten wollen immer versuchen, die Partei zu spalten», findet Heer. Er habe mit Blocher aber ein gutes Verhältnis: «Keinen Streit, keine Auseinandersetzungen, gar nichts.»

Vielleicht sei es ungeschickt gewesen, innerhalb der Partei lange Zeit die Hoffnung auf eine zweite Kandidatur zu wecken. «Aber was will ich einen Palast­aufstand machen, wenn ich a) den Chiesa gut finde, und b) den Job gar nicht gesucht habe, und es c) ein brutaler Knochen­job ist?», meint Heer abschliessend. «Ohne ist das Leben viel angenehmer. Chiesa ist ein armer Siech von der Arbeit her.» (dba)

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