Suchtexperte besorgt über Methadon-Engpass
«Leute suchen dann wieder Stoff auf der Strasse»

Swissmedic hat dem wichtigsten Methadon-Hersteller in der Schweiz die Bewilligung entzogen. Jetzt droht 9000 Abhängigen das wichtige Medikament zu fehlen. Ein Suchtexperte befürchtet Rückfälle in die Drogenabhängigkeit.
Publiziert: 05.01.2023 um 19:43 Uhr
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Aktualisiert: 07.01.2023 um 16:40 Uhr
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Thilo Beck ist Chefarzt Psychiatrie der Arud, des Zentrums für Suchtmedizin. Er sagt, Patienten hätten grosse Angst vor dem Methadon-Engpass.
Foto: ZVG/Arud
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Sophie ReinhardtRedaktorin Politik

Den 9000 Schweizer Methadonpatienten stehen unsichere Monate bevor – ihr Medikament könnte bald nicht mehr erhältlich sein. Die Schweizerische Gesellschaft für Suchtmedizin (SSAM) warnt von einem Engpass bei den hochdosierten Tabletten, die an Suchtkranke abgegeben werden.

Wie SRF berichtete, hat das Heilmittelinstitut Swissmedic die Betriebsbewilligung des wichtigsten Schweizer Methadonproduzenten aus Sicherheitsgründen ausgesetzt.

Medikament teilweise schon ausverkauft

Psychiater Thilo Beck betreut in Zürich Drogensüchtige, den drohenden Engpass nennt er eine «Katastrophe». Inzwischen sei das Präparat bei Grossisten schon ausverkauft. «Wir haben noch vorgesorgt und daher für die nächsten vier Wochen genügend Medikamente.»

Wenn andere Medikamente fehlen, könne man meist auf Alternativprodukte setzen. «Bei Methadon haben wir keine Alternative.» Beck fürchtet daher, dass einige seiner 400 Patienten wieder in die illegale Sucht abrutschen könnten, wenn nicht rechtzeitig noch Ersatz beschafft würde. «Ich befürchte, dass sonst einige sich wieder Stoff auf der Strasse suchen.»

Es sei zwar möglich, das Medikament im Ausland zu bestellen. Dann müssten die Patientinnen und Patienten aber selbst für die Kosten aufkommen. «Das können sich viele nicht leisten», so Beck. Darum hofft er auf einen vereinfachten Import von Methadontabletten aus dem Ausland, der von der Krankenkasse vergütet wird.

Import aus dem Ausland ist möglich

Das Bundesamt für Gesundheit sieht keinen dringlichen Handlungsbedarf. Ein behandelnder Arzt könne im Einzelfall für die Vergütung aus dem Ausland importierter Arzneimittel eine Kostengutsprache beim Krankenversicherer beantragen, heisst es dort auf Anfrage. In der Regel werde diese Art der Vergütung bei Lieferengpässen von den Krankenversicherern unterstützt.

Doch Suchtexperten geben sich damit nicht zufrieden: Bei 9000 Personen gehe es nicht um Einzelfälle, man wolle eine verbindlichere Zusage der Kassen. Das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung teilt derweil mit, man stehe in engem Kontakt mit Spitälern, der Suchthilfe und anderen Firmen und Behörden, um diese bei der Lösungsfindung zu unterstützen.

Jugendliche Diebe lösten Untersuchung aus

Ins Rollen gebracht hatte das Ganze ein Einbruch von sieben Jugendlichen in eine Produktionsstätte der Firma. Die jugendlichen Diebe liefen danach einer Polizeipatrouille in die Hände. Erst dadurch wurden die Behörden auf mögliche Sicherheitsmängel in der Fabrik aufmerksam.

Swissmedic wirft dem Aargauer Produzenten gestützt auf eine Inspektion «Nachlässigkeiten» vor, «die aus Sicherheitsgründen nicht mehr tolerierbar sind». Das Bundesgericht stützt das Urteil.

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