Seit 40 Jahren sitzt Fritz Hänni (60) hinter dem Steuer. Der passionierte Berufschauffeur fährt Linienbusse der Freiburger Verkehrsbetriebe. Er mag seinen Beruf. Doch je länger, je mehr macht ihm die Arbeit auch zu schaffen.
Buschauffeure bekommen es immer häufiger mit Drohungen und Anzeigen zu tun, erzählt Hänni. «Auch der Mittelfinger wird heute schneller gezeigt.» Solche Erlebnisse raubten ihm und seinen Kollegen teilweise die Nachtruhe, so der Chauffeur.
Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV) veröffentliche diese Woche einen Hilferuf und forderte dringend Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für Busfahrerinnen und -fahrer. Ansonsten könnte der aktuelle Personalmangel chronisch werden, warnte die Gewerkschaft. «Die Situation ist schockierend.»
«Saugut aufpassen»
Die Buschauffeurinnen und -chauffeure litten beispielsweise unter langen und unregelmässigen Arbeitszeiten, Wochenend- und Nachtschichten. Dazu komme der Stress, den das immer aggressivere Fahren der anderen und das Verhalten gewisser Kunden verursache. Es brauche daher dringend eine Verringerung der Schichtlängen auf maximal zehn Stunden.
Denn Schichten, die länger als das dauerten – und die gibt es laut Hänni – machten den Chauffeuren besonders zu schaffen. Das hat eine Umfrage ergeben, an der 2022 rund 1000 von Hännis Berufskolleginnen und -kollegen teilgenommen haben. Ein weiteres Ärgernis: Zweiräder. 70 Prozent gaben an, dass sie das Verhalten von Velofahrern als lästig oder sehr lästig empfinden. «Früher hatten Velofahrer noch Respekt vor einem Bus. Heute fahren viele, als ob sie allein auf der Strasse wären, und haben noch Kopfhörer an», erzählt Hänni, der beim SEV die Anliegen seiner Sektion vertritt.
Und das bringe einen ganzen Rattenschwanz von Problemen mit sich: Weil sie mitten auf der Strasse fahren, könne er Velos und E-Bikes oft nicht überholen. Das wiederum sorge für Stress bei den Fahrgästen: «Wenn ich den Fahrplan deswegen nicht einhalte, kann ich mir dann einiges anhören.» In der Stadt müsse man ausserdem damit rechnen, auf allen Seiten von Velofahrern überholt zu werden, da müsse man «saugut aufpassen».
Mit Fitness gegen schmerzender Rücken
Gemäss der Umfrage klagt jeder zweite Berufschauffeur über Muskelschmerzen im Schulter- und Halsbereich oder Rückenweh. 43 Prozent berichteten von Schlafproblemen, viele ganz allgemein von Stress.
Für den engagierten Busfahrer ist klar: «Die Arbeitsbedingungen in der Branche müssen besser werden, damit wir junge Menschen für diesen eigentlich wunderbaren Beruf begeistern können.» Denn schon heute leidet die Branche an der Überalterung der Belegschaft. Seit Jahren klagten die Verkehrsunternehmen in der Schweiz über Personalmangel und mussten deswegen ihren Fahrplan ausdünnen. Viele Unternehmen haben reagiert und bieten ihren Mitarbeitern Gratiseintritte ins Schwimmbad, Meditationskurse oder Ruheräume zur Entspannung an. Hännis Arbeitgeberin zahlt ihm etwas ans Fitnessabo.
Bei der Forderung nach kürzeren Arbeitstagen dürften die Chauffeure aber auf Granit beissen. So teilt etwa das Berner Transportunternehmen Bernmobil auf Anfrage mit, dass man eine Verkürzung der Dienstschichten zwar begrüsse, aber mit ausgeprägten Hauptverkehrszeiten zu den Pendelzeiten könne dies nicht umgesetzt werden. Ähnlich tönt es in Luzern.