Mit dem Nachtzug in die Ferien zu fahren ist beliebt. Für die Bahnunternehmen sind sie aber kaum rentabel. Deshalb sollten Nachtzüge schon ab kommendem Jahr mit bis zu 30 Millionen Franken jährlich gefördert werden.
Doch der Bund sparen muss, will der Bundesrat im Rahmen eines Mega-Sparpakets die Fördermittel streichen. Darüber muss zuerst das Parlament entscheiden. Weil der Bundesrat um Verkehrsminister Albert Rösti (57) «eine schädliche Stop-and-Go-Politik verhindern» wollte, legte er den Betrag für die Nachtzüge schon jetzt auf Eis – obwohl das Sparpaket erst ab 2027 wirken soll und das Parlament noch nicht entschieden hat.
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Das kritisieren die Finanzpolitiker des Nationalrats und haben darum einen Brief an den Bundesrat verfasst. Auch wenn das Vorgehen gesetzlich möglich sei, «untergräbt dieser Vorgang nach Ansicht der Finanzkommission die Mitwirkungsrechte des Parlaments, da noch andere Instrumente zur Verfügung stehen», heisst es in einer Medienmitteilung.
«So kann man nicht mit dem Parlament umgehen»
«So kann man nicht mit dem Parlament umgehen», erklärt Kommissionspräsidentin Sarah Wyss (SP, 36). National- und Ständerat müssten über einen solch gewichtigen Posten entscheiden können.
Für Wyss gibt auch ein Problem im Zusammenhang mit der Schuldenbremse: Wenn das Geld für die Nachtzüge gesperrt wird, obwohl es budgetiert ist, muss im Bundeshaushalt trotzdem nicht weniger gespart werden. «Das ist absurd.»
Der Entscheid, diesen Brief zu schreiben, sei einstimmig gefallen – auch wenn es bei einer Debatte über die Nachtzüge wohl auch Befürworter des Bundesrates in der Kommission gebe. «Aber das Parlament muss darüber beraten können.»
Auch SVPler für den Brief
Tatsächlich befürworten auch bürgerliche Politiker den Brief. SVP-Finanzpolitiker Michael Götte (45) unterstützt ihn – obwohl sein Bundesrat Albert Rösti für die Nachtzüge zuständig ist. «In der Sache bin ich mit ihm einig, dass es diese Nachtzug-Förderung in dieser Form nicht braucht und wir sparen müssen.»
Das Vorgehen werfe aber Fragen auf. «Es darf nicht sein, dass der Bundesrat im Alleingang entscheidet. Das Parlament muss mitreden können.» Mit dem Brief tue man nun «niemandem weh», sagt Götte. «Er wird aber Antworten liefern, die wir in der parlamentarischen Debatte und gegenüber dem Volk nutzen können.»
«Schwächt Vertrauen in demokratische Prozesse»
Auch GLP-Nationalrätin Corina Gredig (37) sieht im Vorgehen des Bundesrats eine problematische Entwicklung. «Wir sind in einer Demokratie. Der Bundesrat kann nicht einfach machen, was er will.»
Besonders kritisch sieht Gredig, dass hier ein klarer Parlamentsentscheid nicht umgesetzt wird: «Es ist problematisch, dass der Bundesrat versucht, das Parlament zu umgehen. Das schwächt nicht nur die Gewaltenteilung, sondern auch das Vertrauen in die demokratischen Prozesse.»
Der Bundesrat gerät somit weiter unter Druck. Am Freitag berichtete der «Tages-Anzeiger», dass die SP eine Aufsichtsbeschwerde gegen die Regierung eingereicht hat. Auch im Parlament sind verschiedene Vorstösse hängig, die der Bundesrat demnächst beantworten muss.