Streit um erneuerbare Energien und «geschütztes Ortsbild»
Gerhard Friedrich legt sich mit der Denkmalpflege an

Gerhard Friedrich aus St. Peterzell SG will auf seinem Dach Sonnenenergie gewinnen. «Geschütztes Ortsbild», entgegnen die Behörden. Nun hat er Rekurs eingelegt.
Publiziert: 10.04.2024 um 12:06 Uhr
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Aktualisiert: 11.04.2024 um 13:19 Uhr
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St. Peterzell ist ein hübsches Dorf, in dem viele denkmalgeschützte Gebäude stehen. Im Bild: die Pfarrkirche.
Foto: Julia Leijola
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Andri Gigerl
Beobachter

Eigentlich müssten sich die Behörden im Land freuen über jede Solaranlage, die montiert wird. Die Schweiz hat das Ziel, bis 2050 klimaneutral zu sein und rund zehnmal mehr Strom aus erneuerbaren Energien zu produzieren als heute.

Doch an den sonnenverwöhnten Hängen und in den nebelfreien Tälern des Neckertals im Kanton St. Gallen ist davon wenig zu spüren. Die 6000-Einwohner-Gemeinde nutzt von ihrem ungewöhnlich grossen Solarenergie-Potenzial lediglich 4,2 Prozent. Das liegt nicht zuletzt am Denkmalschutz – so wie bei Gerhard Friedrich aus St. Peterzell.

«Aus der Zeit gefallen»

2021 reichte Gerhard Friedrich das erste Baugesuch für Solarmodule auf dem strassenabgewandten Hausdach ein. Eine Formsache, dachte er. Schliesslich steht nebenan auf dem Dach seines Anbaus bereits seit 20 Jahren eine Anlage. Doch die Denkmalpflege von Gemeinde und Kanton lehnten das Baugesuch ab. Im geschützten Ortsbild von St. Peterzell könne man nur eine sogenannte Indachanlage bewilligen. Eine solche wird ebenmässig ins Dach eingebaut, zum Beispiel anstelle von Ziegeln. 

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«Aus der Zeit gefallen», findet Friedrich. Denkmalschutz sei ihm durchaus wichtig, aber Aufdachanlagen seien in den letzten Jahren viel schöner geworden. Indachanlagen hingegen sind teurer, weniger effizient und erfordern einen Dachumbau. Friedrichs Dach ist jedoch bereits saniert worden. Ausserdem: «Beim Anbau vor 20 Jahren gab es auch noch keinen Widerstand gegen eine Aufdachanlage.» 

Weisung wurde nie kommuniziert

In einem langen Hin und Her inklusive zweiten Baugesuchs versuchte Friedrich, die Denkmalpflege für diese Argumente zu gewinnen – ohne Erfolg. Was Friedrich nicht wissen konnte: Die Denkmalpflege hat in der Praxis schon lange Indachanlagen als Grundsatz für geschützte Ortsbilder festgelegt. Nur kommuniziert wurde das nie. Das bestätigt eine interne Weisung basierend auf jahrelanger Praxis, die der Beobachter einsehen durfte.

Spielraum für Ausnahmen gibt es darin wenig. Und auch die Zeit ist oft ein Problem: «Wir haben leider einfach nicht die Ressourcen, um bei jedem einzelnen Fall vorbeizugehen und zu diskutieren», erklärt Moritz Flury-Rova, Leiter der Denkmalpflege St. Gallen. Man könne seine Argumente im Rahmen des Baugesuchs darlegen. 

Denkmalpflege soll transparenter werden

Die St. Galler SP-Regierungsrätin Laura Bucher, Leiterin des zuständigen Departements, möchte mehr Klarheit für die Bürgerinnen und Bürger schaffen. Auf ihre Initiative überarbeitet die Denkmalpflege nun gemeinsam mit anderen Stellen die internen Weisungen – mit dem Ziel, sie dann als Orientierung für die Bürgerinnen zu veröffentlichen.

Für Friedrich ist das ein Hoffnungsschimmer. Denn gemäss dem Entwurf der neuen Weisungen sollen auch Aufdachanlagen möglich sein. Diese seien schöner und schmaler geworden, sagt Flury-Rova. Friedrich lacht: «Hab ich doch schon lange gesagt.» Gegen die Ablehnung seines Baugesuchs hat er Rekurs eingelegt. Sollte das nicht klappen, wird er im Sommer nach Anpassung der Praxis noch einmal ein Gesuch stellen, das dritte. Aufgeben – das ist für ihn keine Option.

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