Und plötzlich wird alles viel teurer! Nach neusten Schätzungen kostet die Räumung des im Berg verschütteten Munitionslagers von Mitholz BE rund 1,5 Milliarden Franken. Dem Parlament wird aber ein Kredit von 2,5 Milliarden vorgelegt, der Risiken und Teuerung beinhaltet.
Dass rund eine Milliarde für Unvorhergesehenes eingeplant ist, hat seinen Grund: Nach wie vor gibt es viele Unsicherheiten zur genauen Lage, zum Zustand und zu den Mengen der verschütteten Munition. Dazu kommen anspruchsvolle geologische und hydrologische Verhältnisse, wie das Verteidigungsdepartement (VBS) am Montag an einer Information der Bevölkerung bekannt gab.
Bisher mit bis 900 Millionen Franken gerechnet
Das Projekt zur Räumung der verschütteten Munition ist auf rund 25 Jahre angelegt. Dementsprechend muss auch die Teuerung einbezogen werden. Frühere, weniger detaillierte Kostenschätzungen gingen noch von Räumungskosten von 500 bis 900 Millionen Franken aus.
Die Kostenplanung will das VBS nun noch extern prüfen lassen. Die genauen Beträge sollen mit der Botschaft zum Verpflichtungskredit vorliegen. Dieser will der Bundesrat bis Ende Jahr ans Parlament verabschieden, wie das VBS erklärt.
Grosse Umweltrisiken
In den vergangenen Monaten haben Fachleute auch ein genaueres Bild der Schadstoffbelastung gewonnen. Mit den rund 3500 Bruttotonnen Munitionsrückständen im verschütteten Stollen, in den Felsklüften und im Schuttkegel vor der Anlage bestehe ein grosses Schadstoffpotenzial, da Munition Schwermetalle wie Quecksilber, Blei, Zink und Antimon enthalte.
Das heisst, dass die Räumung so geplant werden muss, dass eine Belastung der Umwelt durch Sprengstoffrückstände, Schwermetalle und Ähnliches verhindert werden kann. Für die umfangreichen Bauarbeiten zum Abtragen der Fluh, in der sich die verschüttete Munition befindet, braucht es also nicht nur Vorkehrungen gegen die Explosionsgefahr, sondern auch gegen Umweltrisiken.
Auch das abgebaute Material muss eingehend geprüft, entsprechend behandelt und gereinigt und schliesslich deponiert oder entsorgt werden. Dazu braucht es laut VBS noch detailliertere Materialbewirtschaftungskonzepte. Ausserdem muss auch die Räumstelle selber vor Naturgefahren wie Steinschlag oder Hochwasser geschützt werden.
Räumperimeter erweitert
Das alles schlägt sich auf die Kosten nieder. Für die Materialbewirtschaftung, die Beseitigung der Schadstoffe, für Schutzmassnahmen gegen Naturgefahren und weitere Massnahmen im Bereich Umwelt wird rund eine Viertelmilliarde Franken eingerechnet.
Bei der Räumung werden nicht nur die Munitionsrückstände im verschütteten Stollen beseitigt, von denen die grössten Explosions- und Umweltgefahren ausgehen. Der Räumperimeter wurde auf den gesamten Auswurfbereich des Explosionsunglücks 1947 ausgeweitet. Mit dieser umfassenden Räumung der Munitionsrückstände im gesamten Talboden will das VBS nach eigenen Angaben «die Grundlagen für eine sichere und attraktive Zukunft für Mitholz» schaffen.
In Mitholz sind bereits seit dem Sommer bauliche Aktivitäten im Gang. Es finden Untersuchungen für verschiedene planerische Vorarbeiten und Vorbereitungen für die Erstellung von Schutzbauten statt.
Erste Anwohner müssen etwa 2025 wegziehen
Das riesige unterirdische Munitionslager Mitholz wurde 1947 bei einer Explosion verschüttet. Neun Menschen kamen ums Leben. Das Lager wurde danach nicht geräumt, aber periodisch überwacht. 2018 kamen Experten zum Schluss, dass vom Lager eine grössere Gefahr ausgeht als bis dahin angenommen.
Ab etwa dem Jahr 2030 will das VBS das Lager nun räumen. Schon ab etwa 2025 müssen erste Bewohner ihre Häuser verlassen, weil ab diesem Zeitpunkt die Bauarbeiten für Schutzbauten für Strasse und Bahn durchs Tal beginnen sollen.
Während der Räumung des Lagers müssen rund 50 Bewohnerinnen und Bewohner von Mitholz ihre Häuser verlassen. Rund 90 weitere Personen in der äussersten Gefahrenzone können bleiben, wenn sie wollen, wie seit März dieses Jahres klar ist. Die Räumung des im Berg verschütteten Munitionsdepots ist ein für die Schweiz in diesem Ausmass bisher einmaliges Projekt. (SDA)