Die Personalie gab zu reden: Der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller (39) soll neuer Verwaltungsratspräsident des Luzerner Kantonsspitals werden, so will es die Luzerner Regierung. Grund für die Diskussionen: Müller gilt als einer der wichtigsten Lobbyisten im Gesundheitswesen, er hat diverse Ämter und Mandate angehäuft.
Unter anderem leitet er das Forum Gesundheit Schweiz, dem Akteure wie der Krankenkassenverband Santésuisse, der Verband Interpharma und der Schweizerische Apothekerverband angehören. Ab Mai übernimmt Müller zusätzlich das Präsidium des Branchenverbandes Swiss Medtech, dem über 700 Unternehmen aus der Medizintechnikbranche angehören.
Mit den vielen Hüten, die der Luzerner im Gesundheitsbereich trage, seien Interessenskonflikte unvermeidbar, lautet die Kritik. Kommt hinzu: In Bern präsidiert Müller für zwei Jahre die Gesundheitskommission des Ständerats. Einer seiner freisinnigen Vorgänger in der kleinen Kammer handhabte das anders: Dick Marty (1945–2023) verliess jeweils das Sitzungszimmer, wenn die Wirtschaftskommission ein Tourismus-Geschäft auf dem Tisch hatte. Der Tessiner präsidierte zugleich Schweiz Tourismus. Für Marty eine Selbstverständlichkeit, heute die Ausnahme.
«Alle meine Mandate sind öffentlich»
«Wir sind ein Milizparlament – es ist gewollt, dass Parlamentarier berufstätig sind und ihre Erfahrungen in die Parlamentsarbeit einfliessen», sagt Müller auf Anfrage von Blick. Denn berufliche Erfahrungen böten Einblick in die Herausforderungen verschiedenster Branchen und verhinderten nicht zuletzt deshalb Politik aus dem Elfenbeinturm.
Verschiedene Mandate im Gesundheitsbereich hat Müller bereits abgeben. Seit 2022 betreibt er allerdings ein Beratungsunternehmen. Läuft das Lobbying also über seine Firma? Müller wischt solche Befürchtungen vom Tisch: «Alle meine Mandate sind öffentlich. Über meine Beratungsfirma bin ich nicht für Akteure aus dem Gesundheitswesen tätig», macht er klar.
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Müller ist nicht allein – und auch die Gesundheitspolitik ist alles andere als eine Ausnahme. Allerdings lässt sich daran gut aufzeigen, wie Lobbys jedwede Reform verhindern können. Etwa bei den Kostendämpfungspaketen des ehemaligen Gesundheitsministers Alain Berset (52). 2019 wollte der SP-Bundesrat einen Höchstpreis für Generika festlegen. Denn diese sind massiv teurer als im Ausland. Im Parlament lief Berset gegen eine Wand: Eine Allianz aus Pharmaindustrie, Ärzteschaft und Apothekern hatte vor Versorgungsengpässen und Zweiklassenmedizin gewarnt.
Das sind die stärksten Gesundheitslobbys
Doch welche Lobby ist besonders gut vertreten im Parlament? Blick hat die Auszählung gemacht – die allerdings mit grossen Unsicherheiten verbunden ist.
Lobby-Mandate zu zählen, ist kompliziert, die genannten Zahlen sind Annäherungswerte. Die Angaben auf der Webseite des Parlaments, wo National- und Ständeräte gehalten sind, alle Mandate anzugeben, entsprechen nicht immer den Angaben auf den Websites der Politiker oder denjenigen von Unternehmen und Verbänden. Ausserdem gibt es Mehrfachmandate, die Blick aber nur einmal gezählt hat. Ein Beispiel: FDP-Nationalrätin und Ärztin Bettina Balmer (58) ist Mitglied der Ärztevereinigung FMH, der Ärztegesellschaft Zürich und der Schweizerischen Gesellschaft für Kinderchirurgie. Dennoch wird sie nur einmal als Interessensvertreterin der Ärzteschaft gezählt. Wichtig: Nicht alle Mandate sind bezahlt. Und es braucht nicht unbedingt ein Mandat, um als Lobbyist gezählt zu werden. GLP-Nationalrat Patrick Hässig (45) etwa ist im Vorstand der Spitex Zürich und im Stadtspital Zürich angestellt. Er zählt daher sowohl als Interessenvertreter für Pflege als auch für den Spitalbereich. (sf)
Lobby-Mandate zu zählen, ist kompliziert, die genannten Zahlen sind Annäherungswerte. Die Angaben auf der Webseite des Parlaments, wo National- und Ständeräte gehalten sind, alle Mandate anzugeben, entsprechen nicht immer den Angaben auf den Websites der Politiker oder denjenigen von Unternehmen und Verbänden. Ausserdem gibt es Mehrfachmandate, die Blick aber nur einmal gezählt hat. Ein Beispiel: FDP-Nationalrätin und Ärztin Bettina Balmer (58) ist Mitglied der Ärztevereinigung FMH, der Ärztegesellschaft Zürich und der Schweizerischen Gesellschaft für Kinderchirurgie. Dennoch wird sie nur einmal als Interessensvertreterin der Ärzteschaft gezählt. Wichtig: Nicht alle Mandate sind bezahlt. Und es braucht nicht unbedingt ein Mandat, um als Lobbyist gezählt zu werden. GLP-Nationalrat Patrick Hässig (45) etwa ist im Vorstand der Spitex Zürich und im Stadtspital Zürich angestellt. Er zählt daher sowohl als Interessenvertreter für Pflege als auch für den Spitalbereich. (sf)
Am grössten ist die Spitallobby: Rund 30 Parlamentarierinnen und Parlamentarier haben Mandate bei einem oder mehreren Spitälern angegeben. Auch Pharma- und Medtech-Industrie sind gut vertreten, sie kommen auf zwei Dutzend gewählte Lobbyisten. Auf Rang 3 folgen – mit rund 20 – Pflege und Spitex. Interessensvertreter von Patienten und Krankenkassen kommen je auf ein gutes Dutzend. Schlusslicht bilden die Ärzte, sie haben nicht einmal zehn gewählte Lobbyisten in Bern.
Ständerat versenkte Teilverbot für Lobbyisten im Parlament
Mit Abstand am mächtigsten ist die Lobby der Kantone. Allein: Sie steht kaum je im Fokus der Öffentlichkeit. Zuletzt spielten sie ihre Macht bei der Efas-Reform aus. Bei der geht es darum, stationäre und ambulante Leistungen im Spital einheitlich zu finanzieren: teils aus Prämien via Krankenkassen, teils aus Steuern via Kanton. Zweieinhalb Jahre blockierten die Kantone die Reform, indem sie ihre Ständeräte bearbeiteten.
Der Walliser Anwalt und Mitte-Ständerat Beat Rieder (61) wollte das Lobbying durch Parlamentarier 2019 mit einem Vorstoss einschränken. Die Idee kam zunächst überraschend gut an, wurde jedoch 2022 vom Ständerat versenkt. Vom Tisch ist das Thema aber nicht. Unterdessen zeigen viele Parlamentarier hinter vorgehaltener Hand auf die Anwälte im Parlament. Während die einen alle Mandate gegenüber der Öffentlichkeit angeben würden, könnten sich Anwälte hinter ihrem Berufsgeheimnis verstecken – und so völlig intransparent lobbyieren.