Sparen absurd!
Beliebte Medikamente werden jetzt teurer statt billiger

Die Politik versucht, die Kosten im Gesundheitswesen zu senken. Mal klappts, mal geht der Schuss auch in den Ofen. Ein Beispiel dafür tritt demnächst in Kraft.
Publiziert: 18.05.2024 um 00:10 Uhr
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Aktualisiert: 05.06.2024 um 11:04 Uhr
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Am 1. Juli ändern sich die Medikamentenpreise.
Foto: Keystone
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Sermîn FakiPolitikchefin

Die Politik soll das Kostenwachstum im Gesundheitswesen bremsen, weil die Prämien steigen und steigen. Das fordert unter anderem die Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei. Ein Beispiel zeigt, dass das nicht immer gut geht und uns alle bald im Portemonnaie trifft.

Ab dem 1. Juli gelten für den Verkauf von rezeptpflichtigen Medikamenten neue Vertriebsmargen. Auf günstige Medikamente wird die Marge erhöht, auf teure wird sie gesenkt. Das soll Apotheker, Ärzte und Spitäler animieren, mehr günstige Medikamente abzugeben.

Ibuprofen wird doppelt so teuer

Für uns Patienten ist das aber schlecht. Denn viele häufig verschriebene Grundversorgungsmedikamente werden dadurch teurer. Zum Beispiel kostet eine 20er-Packung des Schmerzmittels Ibuprofen 400mg heute 5.92 Franken, ab Juli knapp 11 Franken. Ein teures Medikament wie der Gerinnungshemmer Rivaroxaban wird dagegen günstiger – es kostet dann statt 281 noch 267 Franken.

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Die Pharmafirmen, die die Medikamente herstellen, bekommen gleich viel wie vorher. Der Preisunterschied liegt in der Vertriebsmarge, die Zwischenhändler, Apotheken und andere Verkaufsstellen erhalten.

Zwischenhandel und Apotheken profitieren

Am Beispiel von Ibuprofen heisst das: Der Fabrikabgabepreis – also der Preis, zu dem die Pharmafirma das Medikament abgibt – beträgt jetzt und künftig 1.58 Franken. Die Vertriebsmarge allerdings erhöht sich von 4.19 Franken auf 9.09 Franken.

Ähnlich ist es beim bekannten Antirheumatikum Ponstan: Die Zehnerpackung 500mg kostet statt 6.19 Franken ab Juli 11.21 Franken. Der Hersteller bekommt weiterhin 1.82 Franken, die Vertriebsmarge steigt von 4.22 auf 9.11 Franken. Zwischenhandel und Apotheken kassieren also 116 Prozent mehr.

Sparpotenzial von 60 Millionen Franken

Das Modell wurde vom Bund mit dem Spitalverband H+, dem Apothekerverband Pharmasuisse, dem Krankenkassenverband Curafutura und der Ärztegesellschaft FMH ausgehandelt. Laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) können damit jährlich 60 Millionen Franken gespart werden – weniger als 0,2 Prämienprozent. Ein Tropfen auf den heissen Stein.

Die Ersparnisse bei den Prämien gehen aber auf die Kosten von uns Versicherten. Aufgrund der Franchise bezahlen Patientinnen und Patienten die günstigen Medikamente meist selbst. Die teuren Präparate hingegen übersteigen die Franchise häufig und werden von den Krankenkassen übernommen.

Generika-Branche besonders betroffen

Laut dem Verband Intergenerika werden so Mehrkosten im dreistelligen Millionenbereich auf die Patienten verschoben. Der Verband ist besonders betroffen, da die meisten Generika in die Preisklasse fallen, die durch die Margenerhöhung teurer wird. «Es liegt auf der Hand, dass Generika-Anbieter aus Sicht des Volkes dann einmal mehr die ‹Bösen› sind, schrieb Intergenerika-Geschäftsführer Lucas Schalch kürzlich in der «NZZ».

Das BAG bestätigt den Mechanismus und betont, dass die Änderung ein Kompromiss zwischen Leistungserbringern, Versicherern und Bund sei. Immerhin rund zwei Drittel der betroffenen Arzneimittel würden günstiger, nur ein Drittel teurer. Das allerdings stimmt für die Anzahl Medikamente, nicht aber für die Anzahl verkaufter Packungen. Laut Intergenerika werden knapp 56 Prozent der Medikamente teurer. Und das sind eben oft die, die wir selbst bezahlen.

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