SP will Patente aufheben
«Ideologischer Impf-Nationalismus bringt nichts»

Während einige Länder bereits Millionen von Impfdosen geliefert bekommen, sitzen andere auf dem Trockenen – und das voraussichtlich noch Jahre. Um die Impfdosen solidarischer, schneller und billiger zu verteilen, sieht die SP nur eine Lösung: Impf-Patente aufheben!
Publiziert: 01.02.2021 um 17:10 Uhr
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Aktualisiert: 04.02.2021 um 17:02 Uhr
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Impfungen für alle! Das möchte ein Antrag an die Welthandelsorganisation erreichen. Er fordert, dass Impfpatente aufgehoben werden.
Foto: imago images/Christian Ohde
Noa Dibbasey

Am Donnerstag entscheidet die Welthandelsorganisation (WTO) über einen Antrag, den Indien und Südafrika gemeinsam eingereicht haben. Sie fordern, dass das Patentrecht auf Corona-Impfungen, Medikamente und Tests aufgehoben werden soll. Nur so lange, bis die Pandemie vorüber und eine weltweite Herdenimmunität erreicht ist. Wird der Antrag von der WTO angenommen, kann jedes Land für sich selber entscheiden, ob es die Ausnahmeregelung umsetzen möchte oder nicht.

Die Idee dahinter: Würden die bisherigen Impfhersteller ihre Rezepte rausgeben, könnten die Impfstoffe rund um den Globus hergestellt werden – und alle Länder kämen viel schneller und viel billiger zu den nötigen Mitteln, die Pandemie zu bekämpfen.

«Schlagt Profite aus Aspirin, aber nicht aus Impfstoff!»

Der Antrag wird von über 100 Ländern unterstützt – nicht aber von der Schweiz. «Dabei gibt es keine Argumente gegen die Forderung», findet SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (34). In den zuständigen Kommissionen möchte die SP daher für einen Kurswechsel weibeln. Schliesslich habe auch die Schweiz ein Impfmangelproblem, weil sich die Herstellung des Impfstoffes auf einige wenige Monopolhersteller konzentriere.

«Es kann einfach nicht sein, dass mitten in der Pandemie mit Patenten Profit gemacht wird», kritisiert Wermuth die Pharmaunternehmen, die sich gegen den Antrag stellen. «Schlagt eure Profite aus Aspirin oder Faltencremes, aber doch nicht aus Tests und Impfstoffen gegen Corona-Viren!» Es könne nicht sein, dass Monopol und Profit für einzelne Pharmafirmen höher gewichtet werde, als den weltweiten Zugang zu Impfungen für alle Menschen, findet er. Die fehlende Solidarität bekomme die Schweiz in späteren Verhandlungen zurückbezahlt, ist sich Wermuth sicher. In seinen Augen ist der «Impf-Nationalismus» rein ideologisch und viel zu kurzsichtig.

Pandemie ist erst vorüber, wenn überall geimpft wurde

Aber auch sonst sei die Patentaufhebung im eigenen Interesse: «Die Durchimpfung der Schweiz ist natürlich wünschenswert», sagt Wermuth. «Wird der Virus aber nicht auch schnell im Ausland bekämpft, können sich weitere Mutationen entwickeln.» Gut möglich also, dass die Impfungen in der Schweiz dann wieder wertlos würden.

Tatsächlich geht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) davon aus, dass ärmere Länder erst 2024 Zugang zu den Corona-Impfungen erhalten werden. «Wenn wir jetzt nicht handeln, dauert die Pandemie noch ewig und die Todeszahlen steigen weiter, obwohl das vermeidbar wäre», findet auch Juso-Präsidentin Ronja Jansen (26).

Juso lanciert Petition

Deswegen lancierten die Jungsozialisten am Montagmorgen eine Petition, die einen sofortigen Kurswechsel vom Bundesrat verlangt. Über 1600 Menschen haben sie bereits unterschrieben. Sie finden: «Die Rettung von Menschenleben muss endlich mehr zählen als die Profite der Pharmakonzerne!»

Schweizer Pharmaunternehmen sehen das anders. Der Schweizer Roche-Konzern, der Corona-Tests herstellt, sagte im November gegenüber Tamedia: «Das Aussetzen der Patente würde für die Produktion einer grösseren Zahl sicherer Tests und Analysegeräte nicht helfen.» Es gehe nämlich um das Know-how und die Produktionsanlagen, die es dafür brauche.

Gross zittern muss der Pharma-Gigant bis Donnerstag wohl nicht – für eine Annahme braucht es eine Dreiviertelmehrheit der 164 WTO-Staaten. Die Schweiz steht dem Antrag bis anhin noch immer kritisch gegenüber. Ob die Bemühungen der SP das Ruder noch herumreissen können?

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