Bundesrat Alain Berset (48) sieht die Schweiz in einer guten Lage, was die Bestellung und Lieferung von Impfstoffen betrifft. Das zweite Quartal werde über den Erfolg der Impfaktion entscheiden. Bis dahin seien Geduld und Vorsicht geboten.
Vor einem halben Jahr sei schwer vorstellbar gewesen, dass in der Schweiz schon Ende Januar zwei wirksame Covid-19-Impfstoffe im Einsatz seien, so Berset. Im Gespräch mit der «NZZ am Sonntag» nennt der Gesundheitsminister die Schweiz «gut positioniert». Man habe auf die besten Impfstoffe gesetzt, die nun als erste verfügbar seien, und genug Dosen für die ganze Bevölkerung reserviert.
Unlängst musste der Bund seine Impfziele nach unten korrigieren – wegen Engpässen bei Lieferungen. Lieferverspätungen seien «zwar ärgerlich», räumt Berset ein, «aber wir müssen damit leben und uns ständig anpassen». Dies, weil die Pharmakonzerne Kapazitäten erhöhen und kurzzeitig daher weniger liefern. Er gehe davon aus, dass die bestellten Gesamtmengen für das erste Halbjahr auch geliefert werden. Wichtig sei, im zweiten Quartal schnell zu impfen, wenn die grossen Mengen an Impfstoff kommen. Bis dahin werde man auch über den weiteren Impfstoff von Astrazeneca verfügen.
Vierter Impfstoff kommt
Für den Februar lautet das Ziel damit nur noch 380 statt 525 Impfungen pro 100'000 Einwohner und Tag. Der Impfverzug koste die Schweiz bis zu 100 Millionen Franken pro Tag, rechnet eine Studie der Taskforce des Bundes vor: «Mit jedem Tag, mit dem die Schweiz früher eine genügend hohe Immunisierung erreicht, um die Pandemie unter Kontrolle zu bringen, kann eine grosse Zahl von Leben gerettet werden.»
Wie die «SonntagsZeitung» ferner berichtet, will die Schweiz nach Moderna, Pfizer/Biontech und Astrazeneca auch den Impfstoff von Johnson & Johnson bestellen. Verhandlungen laufen. Das Vakzin von Johnson & Johnson könnte bereits Anfang März in der Schweiz zugelassen werden. In das Impfmittel werden weltweit grosse Hoffnungen gesetzt, weil es einfacher, schneller und günstiger herstellbar ist als die bisherigen Corona-Impfstoffe. Der Impfschutz erfordert nur eine Dosis.
«Es ist eher ein Triathlon»
Bezüglich der verschärften Massnahmen unter dem zweiten Lockdown sagt Berset, die Anzahl der Fälle mit der alten Virusvariante sinke, der Anteil der neuen verdopple sich dagegen jede Woche. Berset appelliert an Menschen, die Massnahmen umzusetzen: «Wir sind noch immer in einer instabilen und gefährlichen Situation.»
Andere Länder hätten trotz Ausgangssperre steigende Zahlen, betont Berset, doch es sei noch zu früh, um über eine Lockerung der bis Ende Februar geltenden Schliessungen zu sprechen. «Jammern», so Berset, «macht die Sache nicht besser. Ich sagte einmal, diese Pandemie sei ein Marathon. Nun zeigt sich, dass es eher ein Triathlon ist, mit mehreren Disziplinen und von längerer Dauer.»
Kräfte gehörten eingeteilt und alle müssten sich weiterhin gegenseitig unterstützen. Streit zwischen Bund und Kantonen sieht er auch beim Thema Impfen nicht: «Diese angeblichen Streitigkeiten interessieren die Leute weniger als die Medien und politische Kreise in Bern.» Die Zusammenarbeit sei gut. Dass es Diskussionen gebe, sei normal. (kes)