«Unwählbar!» Das ist das Urteil des Verbands Militärischer Gesellschaften Schweiz (VMG) zum SP-Bundesratskandidaten Jon Pult (39). Denn dieser sei ein Armeeabschaffer, der sich schon im Alter von 21 Jahren als Gegner des Militärs hervorgetan habe. Laut dem VGM ist Pult damit ungeeignet für die Wahl in die Landesregierung. Nun wehrt sich Pult im Blick-Interview.
Blick: Herr Pult, warum hassen Sie die Armee?
Jon Pult: Tue ich überhaupt nicht. Ich habe 15 Wochen Rekrutenschule absolviert und sage klipp und klar: Die Schweiz braucht eine Armee.
Aber das SP-Programm verlangt die Abschaffung der Armee.
Ich bin überzeugter Sozialdemokrat. Aber mit der Passage des Programms, die langfristig die Abschaffung des Militärs fordert, wurde ich nie richtig warm. Ich stehe zur Schweizer Armee.
Sie waren mit 21 Jahren aber gegen den Einsatz der Armee am Weltwirtschaftsforum WEF in Davos. Sie fanden, polizeiliche Aufgaben sollen bei der Polizei bleiben.
Genau, ich bin dafür, dass primär die Polizei für die innere Sicherheit verantwortlich ist. Damit spreche ich mich aber keineswegs gegen unser Militär aus. Zudem habe ich hier eine differenziertere Meinung als vor 18 Jahren.
Mehr zu den Wahlen 2023
Welche denn?
Als Mitglied der Geschäftsprüfungskommission des Bündner Grossen Rats hatte ich Einblick ins Sicherheitsdispositiv für das WEF. Ich konnte mich davon überzeugen, dass es richtig organisiert ist: Die Armee unterstützt die Sicherheitsbehörden und namentlich die Polizei subsidiär.
Ich dachte, als Bündner begrüssen Sie es einzig, wenn die Armee die Pisten für Skirennen präpariert.
Das Militär hat noch wichtigere Aufgaben, aber ich freue mich, wenn die Armee mithilft, dass Skirennen stattfinden können.
Der Verband Militärischer Gesellschaften Schweiz hält Sie dennoch für unwählbar, da Sie sich gegen die Aufstockung des Armeebudgets ausgesprochen haben.
Wie praktisch jeder in der SP-Fraktion, ja. Mit dieser Haltung spricht sich der VMG aber faktisch dagegen aus, dass eine Sozialdemokratin oder ein Sozialdemokrat Bundesrat werden kann. Zwar ist es völlig legitim, eine andere Haltung zu haben als die SP – und natürlich auch eine andere als ich. Aber wissen Sie, was staatspolitisch problematisch ist?
Was denn?
Wenn ein Miltärverband sich anmasst, zu bestimmen, wer für unsere Landesregierung infrage kommt und wer nicht. Der VMG bestimmt doch nicht die parteipolitische Zusammensetzung des Bundesrats und damit die Konkordanz.
Aber der VMG darf sagen, er empfehle Sie nicht für den Bundesrat.
Darf er, klar. Ich hätte aber erwartet, dass er mich nach meiner Haltung zur Armee fragt, bevor er das tut und Falschinformationen verbreitet. So gehen wir hierzulande nicht miteinander um. Mich einfach als Armeeabschaffer und deshalb als unwählbar abzustempeln, ohne zuerst mit mir zu sprechen, ist unschweizerisch.
Der Militärverband ist unschweizerisch, aber Sie sind plötzlich ein glühender Armeebefürworter?
Ich glühe nicht, aber ich finde, dass ein souveräner Staat verteidigungsfähig sein soll. Dazu braucht er eine den Bedrohungen angepasste Sicherheitspolitik inklusive der Armee. Das ist nicht erst seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine meine Überzeugung. Aber dieser Angriff führt uns vor Augen, welch wichtige sicherheitspolitische Diskussionen anstehen. Es würde mich freuen, als Mitglied des Bundesrats daran mitzuwirken.
Welche stehen denn Ihrer Ansicht nach an?
Wir müssen unseren Platz in der europäischen Sicherheitsarchitektur finden. Der Angriff auf die Ukraine zeigt, dass es keine Sicherheit ohne Kooperation gibt, wenn nicht militärisch so zumindest politisch. Gleichzeitig sind wir ein neutrales Land und wollen und werden dies bleiben. Hinzu kommen Herausforderungen wie die Cybersicherheit, Desinformation und versuchte Destabilisierung durch autoritäre Staaten. Hier spielt auch unsere Armee eine wichtige Rolle. Es geht aber um die Frage, wie diese genau definiert wird, und wo die Prioritäten liegen.