Speeddating im Bundeshaus. Wobei es nicht darum geht, die grosse Liebe zu finden – sondern den nächsten Bundesrat. Am Dienstagnachmittag standen für die SP-Bundesratskandidaten Beat Jans (59) und Jon Pult (39) nach den Hearings bei den Bauern die Anhörungen bei den Fraktionen an.
Je 45 Minuten hatten SVP, FDP, Grüne und GLP Zeit, um dem Basler Regierungspräsidenten Jans und dem Bündner Nationalrat Pult auf den Zahn zu fühlen. Und Jans und Pult umgekehrt, um Sympathiepunkte zu sammeln. Die Mitte-Hearings finden erst nächste Woche statt. Am 13. Dezember ist die Wahl.
«Wie in den Ferien»
Was hinter verschlossenen Fraktionstüren gesprochen wird, kann ausschlaggebend sein für die Zukunft der beiden Männer. Viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier lernen die Kandidaten erstmals näher kennen und können sich eine eigene Meinung über sie bilden. Gerade die Neugewählten, die eben erst ihren Sitzplatz im Ratsaal gefunden haben, werden gespannt gewesen sein auf die SPler.
Wie die Hearings liefen? Die beiden Kandidaten gaben sich, während sie von einem Hearing zum nächsten tingelten, zugeknöpft. «Es ist fantastisch, wie in den Ferien», sagte Pult sarkastisch, als er aus dem GLP-Zimmer kam. Jans wurde von seiner Begleitung derweil abgeschirmt, damit er zwischen den Hearings kurz verschnaufen kann.
Noch keine Entscheidungen
Erst am Abend, als alle vier Hearings geschafft waren, äusserten sich Pult und Jans. Sie betonten, sie hätten weiterhin ein gutes Gefühl. «Ich fühle mich mit mir selber im Reinen nach diesen Hearings», sagte Pult. Jans resümierte: «Es war intensiv, aber es lief so ab, wie ich es erwartet habe.» Nun müssten die Fraktionen entscheiden, was sie mit seinen Antworten machten.
Diese verteilten aber noch keine Rosen. Erst nächste Woche – am Dienstagabend oder teilweise auch erst am frühen Morgen des Wahltags – wollen sie entscheiden, ob sie eine Wahlempfehlung abgeben und falls ja, für wen.
Grünen-Kandidat ganz entspannt
Selbst nach den ersten Fraktions-Hearings zeichnet sich noch kein klarer Favorit ab. Inhaltlich habe Jans mehr überzeugt, rhetorisch Pult, so ein SVP-Mitglied. Bei der Rechtspartei sieht es derzeit nach einem Vorteil für Jans aus. Man habe eindeutig gesehen, dass Jans mehr der Staatsmann sei als Pult, sagte der Berner SVP-Ständerat Werner Salzmann (61). Die Option, dass man keinen der beiden offiziellen Kandidaten wählt, ist aber offenbar noch nicht ganz vom Tisch. Die SVP hat sich am Dienstag einzig zum Anspruch der SP auf zwei Sitze bekannt.
FDP-Fraktionschef Damien Cottier (48) stellte nach den Hearings klar: «Wir werden einen Kandidaten auf dem SP-Ticket wählen.» Jedenfalls, sofern die anderen Parteien umgekehrt die beiden FDP-Bundesmitglieder Ignazio Cassis und Karin Keller-Sutter wiederwählen.
Während man Pult und Jans die Nervosität angemerkt hat, war der Dritte im Bunde – Grünen-Nationalrat Gerhard Andrey (47) – tiefenentspannt. Auch der Sprengkandidat der Ökopartei, der den Freisinnigen einen Sitz abluchsen will, durfte am Dienstag vorsprechen, allerdings nur bei den Grünliberalen. Das Treffen sei «angenehm und konstruktiv verlaufen», sagte er. Frühmorgens hatte er aber schon die SVP-Spitze getroffen. Die SP empfängt ihn nächste Woche.
Liebe auf den ersten Blick war es an diesem Dienstag nicht. Zwischen den Kandidaten und der SVP dürften ohnehin eher die Fetzen fliegen als der Funke überspringen.