Sollen Schwule Blut spenden wie alle anderen?
«Sicherheit muss höchste Priorität haben»

Für Männer, die Geschlechtsverkehr mit Männern haben, sollen in Zukunft die gleichen Bedingungen für die Blutspende gelten wie für Heterosexuelle. Auch das Schweizerische Rote Kreuz teilt diese Ansicht, hat aber Vorbehalte.
Publiziert: 26.05.2022 um 16:16 Uhr
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Die Rahmenbedingungen für die Blutspende sollen neu geregelt werden.
Foto: imago images/Karina Hessland
Laura Montani

Männer, die mit Männern Sex haben, müssen strengere Vorschriften erfüllen, wenn sie Blut spenden wollen – wegen des historisch erhöhten Risikos von HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten. Nicht-heterosexuelle Männer dürfen bislang nur Blut spenden, wenn sie seit zwölf Monaten abstinent waren. Alle anderen werden zur Blutspende zugelassen, wenn sie in den letzten vier Monaten nicht mehr als eine Sexualpartnerschaft hatten.

Gesundheitspolitiker wollen diese Diskriminierung nun kippen. Die Gesundheitskommission des Nationalrats (SGK) will darum das Heilmittelgesetz, in dem die Rahmenbedingungen für die Blutspende geregelt sind, ändern. Künftig soll unabhängig der sexuellen Präferenzen für alle der gleiche Grundsatz gelten, schlägt die SGK vor.

Rotes Kreuz meldet Bedenken an

Das stösst auf Kritik – namentlich beim Schweizerischen Roten Kreuz (SRK), das gemeinsam mit den regionalen Blutspendediensten die Blutversorgung in der Schweiz sicher stellt. Auch das SRK wolle niemanden wegen seiner sexuellen Orientierung diskriminieren, heisst es dort. Expertengruppe kommt dennoch zum Schluss, dass die vorgeschlagene Ergänzung des Heilmittelgesetzes heikel sei.

«Die gesetzlich geforderte Spende-, Produkte- und Patientensicherheit muss höchste Priorität haben», fordert Blutspende-Direktor Bernhard Wegmüller. In gewissen Fällen müsse eine Ungleichbehandlung zulässig sein.

Sicherheit als oberstes Gebot

Das SRK schlägt daher eine abgeschwächte Form der Passage vor. Eine Ungleichbehandlung soll dann zulässig bleiben, wenn sie für die «Produkte-, Spender- und Patientensicherheit erforderlich» sei. Heisst: In gewissen Fällen soll eher eine Diskriminierung in Kauf genommen werden, wenn dies der Sicherheit des Empfängers dient.

Dieser Meinung ist man auch im Kanton Bern. Man unterstütze den Grundsatz der Nichtdiskriminierung, aber «die Sicherheit des Bluts hat doch oberstes Gebot», heisst es in der Vernehmlassungsantwort des Kantons.

In Zürich ist man zudem der Ansicht, dass das Diskriminierungsverbot nicht ins Heilmittelgesetz gehöre – denn es sei bereits in der Bundesverfassung geregelt. Auch in Basel-Stadt ist man sich nicht sicher, «ob das Anliegen nicht schon im aktuellen Recht erfüllt ist.» Noch haben die Kantone bis zum 31. Mai Zeit, sich zu äussern. Dann wird es an der Gesundheitskommission sein, einen Weg zu finden, um schwulen und bisexuellen Männern die Blutspende zu erleichtern.

Über Bluttransfusion mit HIV infiziert

Schwule und bisexuelle Männer dürfen seit 1985 kein Blut spenden. Grund dafür ist die Angst, dass so HIV übertragen werden kann. Das ist in der Schweiz tatsächlich passiert. Ende der 80er-Jahre wurden zwei Blutempfänger mit dem HI-Virus infiziert. Die Spender waren homosexuelle Männer.

Damals gab es aber noch keine Tests, um das Blut auf den HI-Virus zu untersuchen. Das ist heute anders: Allerdings kann das Virus erst sieben Tage nach einer Infektion nachgewiesen werden. Bei anderen Krankheiten wie Hepatitis dauert es gar bis zu 20 Tage – und auch hier haben schwule Männer ein deutlich höheres Risiko, sich zu infizieren.

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