Wenn tagelang der Strom ausfällt oder eine Umweltkatastrophe für Chaos sorgt, die Schweiz von Terroristen angegriffen wird, eine Cyberattacke die Datennetze lahmlegt und dann auch noch das öffentliche Telefonnetz zusammenbricht, greifen Behörden und Rettungsorganisationen auf ein speziell geschütztes System zur Krisenkommunikation zurück.
Nur ist genau dieses System seit Jahren fehleranfällig und selbst nicht sicher genug.
Kosten: 150 Millionen
Das Parlament hat deshalb bereits vor fünf Jahren 150 Millionen Franken zum Aufbau eines krisensicheren Kommunikationssystems für den Bevölkerungsschutz bewilligt. An dieses gesicherte Glasfasernetz sollen die Sicherheitsbehörden bei Bund und Kantonen sowie Blaulichtorganisationen angeschlossen werden, zudem die Armee und Teile der kritischen Infrastruktur wie Flughäfen, die SBB, Rundfunkstationen oder auch grosse Detailhändler. Das Projekt läuft seit 2021. Allein: Es hapert bei der Umsetzung.
Schon vor gut zwei Jahren bemängelte die Eidgenössische Finanzkontrolle, das Projekt habe über längere Zeit komplett stillgestanden. Nun legt die interne Revisionsstelle des VBS nach: In einem diese Woche publizierten Bericht übt sie scharfe Kritik am Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs), das für die Umsetzung zuständig ist.
Das Vorhaben befinde sich auch nach drei Jahren noch in einem «sehr frühen Projektstatus», die Gesamtsituation zur finanziellen Steuerung und zur Führung des Projekts seien «unbefriedigend». Und, so die Revisoren weiter: Die vorgegebene standardisierte Methode zum Projektmanagement werde nicht angewandt, Teilprojekte seien nicht aufeinander abgestimmt sowie Netzwerkkomponenten nicht rechtzeitig bestellt worden. All dies gefährde den rechtzeitigen Anschluss der Kantone ans Notfallnetz. Auch fehle es an einer gesamtheitlichen Finanzberichterstattung.
Das ist noch nicht alles: Die Betriebskosten seien mit 15 Millionen zu tief angesetzt, die Unterdeckung betrage jährlich nicht weniger als 12 Millionen Franken. Dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz sei dies längst bekannt, eine Lösung liege dennoch nicht vor.
«Probleme schönreden hat System»
Die scharfe Kritik der hauseigenen Revision hat die Politik auf den Plan gerufen. SP-Ständerätin Franziska Roth (58) nennt die im Bericht aufgeführten Mängel «gravierend». Bereits vor zwei Jahren, nach der Kritik der Finanzkontrolle, hatte die Sicherheitspolitikerin dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz vorgeworfen, überfordert zu sein und seine Schwierigkeiten zu verharmlosen. Heute sieht sich Roth bestätigt: «Probleme schönreden hat wohl System. Das darf nicht so weitergehen!»
Auch die Bundespräsidentin, VBS-Chefin Viola Amherd (62), sieht Handlungsbedarf. Sie fordert das VBS-Generalsekretariat, den Chef der Armee und die Direktorin des Bundesamts für Bevölkerungsschutz auf, die Empfehlungen der internen Revisoren bis Ende 2024 umzusetzen.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz betont auf Anfrage, das Projekt «Sicheres Datenverbundsystem» sei stets mit der gebotenen Priorität behandelt worden. Mit weiteren Verzögerungen wird nicht gerechnet: Das neue System werde planmässig Ende 2027 in Betrieb gehen.