Darum gehts
- Ständerat Beat Rieder fordert Änderung des Waffengesetzes für Online-Plattformen
- Konzerne sollen für verbotene Produkte belangt oder zur Kennzeichnung verpflichtet werden
- Aargauer Staatsanwaltschaft verhängt monatlich Strafen für illegale Internet-Produkte
Der Fall machte Schlagzeilen. Über die chinesische Webplattform Temu hatte ein Aargauer zwei pinke Wasserpistolen bestellt, als Geschenk für seine Göttikinder. Stattdessen aber schlug der Zoll zu. Weil die Pistolen echten Waffen ähneln, fallen sie unter das Waffengesetz. Unwissend hatte sich der Aargauer der «fahrlässigen widerrechtlichen Einfuhr von Waffen in das schweizerische Staatsgebiet ohne Bewilligung» schuldig gemacht. Resultat: eine Geldstrafe von 6500 Franken.
Der Mann ist kein Einzelfall. Viele tappen in die Temu-Falle. Die Aargauer Staatsanwaltschaft verhänge jeden Monat ähnliche Strafen für Internet-Produkte.
Mitte-Ständerat Beat Rieder (62) geht das gegen den Strich. Als Strafverteidiger vertrat er selber schon einen Betroffenen. Nun zielt er auf eine Änderung des Waffengesetzes ab: Online-Plattformen wie Temu oder Amazon sollen entweder hier verbotene Produkte klar kennzeichnen – oder selbst für Verstösse belangt werden. «Die heutige Ungleichbehandlung dagegen ist extrem stossend», findet Rieder. «Die Kleinen hängt man zu Hunderten auf, den Grossen lässt man laufen.»
«Sie kümmern sich einen Dreck um ihre Kunden»
Steinschleudern, Laserpointer, Pfeffersprays oder manche Wasserpistolen – Hunderte landen so jährlich in Strafverfahren – ahnungslos, dass sie gegen das Gesetz verstossen. «Diese Handelskonzerne erzielen in der Schweiz Umsätze von mehreren Hundert Millionen, kümmern sich einen Dreck um ihre Kunden und klären sie nicht auf, dass ihre Produkte in der Schweiz verboten sind und der Import strafbar ist», hält Rieder fest. Damit soll Schluss sein.
In einem eben eingereichten Vorstoss fordert der Mitte-Ständerat, dass auch die Konzerne belangt werden. «Sie haben Niederlassungen in der Schweiz, deren Mitarbeiter strafrechtlich verfolgt werden könnten», sagt er. «Der Staat kann doch nicht vor internationalen Konzernen kapitulieren.» Diese würden ihre Kunden im Glauben lassen, es handle sich um unproblematische Produkte und sie so in die Irre führen. «Das ist ihnen natürlich egal. Sie wollen nur Kohle machen.»
«Dieser Zustand ist untragbar»
Könnten die Konzerne tatsächlich nicht belangt oder dazu verpflichtet werden, in der Schweiz verbotenen Produkte klar zu kennzeichnen, sei zumindest das Waffengesetz anzupassen. Bagatellfälle beim Import von «Waffen» sollen nicht mehr per Strafverfahren, sondern nur noch mit einem einfachen Bussenentscheid geregelt werden. Die Geldstrafe würde sich dann zwischen 40 und 200 Franken bewegen.
Die Justiz sei bereits völlig überlastet. Mit Blick auf den im Herbst erscheinenden Zwischenbericht der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren warnt Rieder vor einem Systemkollaps: Während wichtige Verfahren verjährten, würden Ressourcen für überflüssige Fälle verschwendet. «Dieser Zustand ist untragbar», sagt er. Nur mit einer Gesetzesanpassung sei dieser «komplette Leerlauf» zu stoppen.