Ein Raunen ging durch den Saal, als das Abstimmungsergebnis auf den Bildschirmen erschien. Mit 100 zu 92 Stimmen bei vier Enthaltungen hat der Nationalrat am Donnerstag dem Plan seiner Wirtschaftskommission eine Abfuhr erteilt. Die Kommission wollte das Mitspracherecht von Umweltverbänden bei der Pestizid-Zulassung einschränken. Laut den Betroffenen hätten sie künftig in 90 Prozent der Zulassungsgesuche nichts mehr zu sagen gehabt. Das Bundesamt für Landwirtschaft sprach von 70 Prozent.
Dagegen stemmte sich nicht nur Links-Grün. Ein Drittel der FDP-Nationalrätinnen und -Nationalräte ignorierte die Empfehlung des eigenen Fraktionssprechers und lehnte den Vorschlag ebenfalls ab. Auch bei der Mitte-Fraktion gab es mehrere Abweichler sowie Enthaltungen. Einzig die SVP sprach sich ohne Gegenstimme dafür aus, dass Umweltschützer künftig weniger zu sagen haben.
Seit 2018 reden Umweltorganisationen mit
Umweltorganisationen wie WWF, Pro Natura oder Greenpeace haben seit einem Bundesgerichtsurteil von 2018 die Möglichkeit, bei Pestizid-Zulassungsgesuchen Akteneinsicht zu verlangen. Zudem können sie Beschwerde gegen Zulassungsentscheide einreichen. Egal, ob es sich um die Zulassung eines neuen Pestizids, die Überprüfung eines bereits zugelassenen Produkts oder ein Zulassungsgesuch handelt, um ein erlaubtes Pestizid anders anzuwenden als bisher.
Mit dem Parlamentsentscheid wird das Verbandsbeschwerderecht nun explizit im Gesetz verankert. Das bringe Rechtssicherheit, sagte Landwirtschaftsminister Guy Parmelin (63, SVP).
Mehr zum Pestizid-Knatsch
Zwei Anläufe mit gleichem Ergebnis
Mit genau dem gleichen Argument kämpfte Bauernverbandspräsident Markus Ritter (55, Mitte) für eine Einschränkung des Mitspracherechts. Aus seiner Sicht reicht es, wenn das Bundesamt für Umwelt (Bafu) die Interessen der Umwelt vertritt. Reden auch die Umweltverbände mit, verzögere das die Zulassungsverfahren unnötig.
Der Nationalrat hatte zwei Anläufe für die Abstimmung nehmen müssen. Nach dem ersten Anlauf hatte man bei der FDP gehofft, das Nein sei ein Versehen. Der freisinnige Nationalrat Damien Cottier (47) stellte den Antrag, die Abstimmung zu wiederholen. Wegen der vielen Abstimmungen innert kürzester Zeit sei eine gewisse Monotonie eingekehrt und seine Fraktion habe sich in der Abstimmung vertan, so seine Begründung. Doch auch beim zweiten Mal stimmte eine knappe Mehrheit für den Status quo – und damit gegen eine Einschränkung des Mitspracherechts.