Am 22. September kommt mit der beruflichen Vorsorge (BVG) die nächste Rentenreform vors Volk. Heute Dienstag startet das Ja-Lager der BVG-Reform seine Kampagne. Angeführt wird es vom Arbeitgeberverband und der Mitte-Partei. Auf Befürworterseite stehen zudem FDP, SVP und GLP. Ebenso Economiesuisse, Gewerbeverband und Swissmem. Die Befürworter erhoffen sich eine Modernisierung der beruflichen Vorsorge und mehr Gerechtigkeit unter den Generationen.
Im Zentrum der Kampagne steht unter anderem Franziska Steiner-Kaufmann (32), eine vielseitig engagierte Frau: Bäuerin, Lehrerin, Schulleiterin und Kantonsrätin in St. Gallen. Sie kennt die Problematik der Rentenlücken für Teilzeit- und Mehrfachbeschäftigte, besonders bei Bäuerinnen, aus erster Hand. Auch deshalb setzt sie sich für die Reform ein. «Dank der BVG-Reform werden Teilzeit- und Mehrfachbeschäftigte endlich besser versichert. Viele Frauen profitieren – insbesondere auch viele Bäuerinnen», sagt sie.
Es war ein hochfliegendes Reformprojekt des damaligen SP-Sozialministers Alain Berset (52): die Altersvorsorge 2020, mit der er AHV und Berufliche Vorsorge (BVG) gleichzeitig reformieren wollte. Doch in der Abstimmung 2017 folgte der Absturz. Mit 52,7 Prozent Nein schickte das Stimmvolk die Rentenreform bachab.
Daraufhin packten Bundesrat und Parlament die beiden Säulen getrennt an. Einen knappen Abstimmungserfolg verbuchte Berset zusammen mit der bürgerlichen Parlamentsmehrheit letztens bei der AHV-Reform, mit der eine Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 erfolgte.
Nun ist die Pensionskassen-Reform an der Reihe, die eine bürgerliche Mehrheit im Parlament gegen den Widerstand der Linken durchgebracht hat. Linke und Gewerkschaften haben erfolgreich das Referendum ergriffen, sodass das Stimmvolk nun am 22. September 2024 über die Reform entscheiden wird.
Das sind die wichtigsten Eckwerte:
Tieferer Umwandlungssatz
Der Mindestumwandlungssatz im BVG-Obligatorium soll von heute 6,8 Prozent auf 6,0 Prozent sinken. Das bedeutet: Auf 100'000 Franken angespartes Alterskapital gibt es nur noch 6000 statt 6800 Franken Rente pro Jahr. Das führt zu einer Rentenlücke von rund 12 Prozent.
Rentenzuschlag für Übergangsgeneration
Es ist das eigentliche Herzstück der Vorlage. Die drohende Rentenlücke soll über einen Rentenzuschlag ausgeglichen werden. Allerdings nur für eine Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen. Zudem wird er nach Alter und Einkommen abgestuft. Für die ersten fünf Jahrgänge gibt es maximal 200 Franken monatlich, dann sinkt er ab. Wer weniger als 220'500 Franken in der Pensionskasse hat – etwa ein Viertel der Versicherten – bekommt den vollen Zuschlag. Ein weiteres Viertel mit bis 441'000 Franken Altersguthaben erhält einen Teilzuschlag. Wer mehr Geld im Rentenkässeli hat, geht leer aus. Gut die Hälfte der Versicherten bekommt also nichts. Finanziert wird der Rentenzuschlag über Lohnabzüge – allerdings begrenzt bis 176'400 Franken.
Flexibler Koordinationsabzug
Vom sogenannten Koordinationsabzug hängt ab, wie hoch der versicherte Lohn ausfällt. Einkommen minus Koordinationsabzug ergibt die versicherte Lohnsumme. Galt bisher ein fixer Abzug von 25'725 Franken, soll dieser neu 20 Prozent des Einkommens betragen. Das BVG-Obligatorium gilt bis 88'200 Franken Einkommen. Der Abzug würde in diesem Fall also 17'640 Franken ausmachen. Unter dem Strich bleibt somit ein versicherter Lohn von 70'560 Franken. Auf Letzterem müssten also die Lohnbeiträge bezahlt werden.
Angepasste Altersgutschriften
Die Lohnbeiträge in die Pensionskasse – die sogenannten Altersgutschriften – werden mit der Reform geglättet: Bis im Alter von 44 Jahren beträgt die Altersgutschrift künftig 9 Prozent (bisher 7 beziehungsweise 10 Prozent) auf dem BVG-pflichtigen Lohn. Ab 45 Jahren sind es 14 Prozent (bisher 15 beziehungsweise 18 Prozent). Damit werden die Altersgutschriften gerade bei den älteren Arbeitskräften gesenkt. Das soll ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Die Beiträge sollen wie heute ab 25 Jahren gezahlt werden.
Tiefere Eintrittsschwelle
Um in einer Pensionskasse versichert zu sein, muss man heute bei einem Arbeitgeber mindestens 22'050 Franken jährlich verdienen. Nach einem langen Hin und Her hat sich das Parlament darauf geeinigt, dass die Eintrittsschwelle auf 19'845 Franken sinken soll. Damit würden 70'000 Personen neu in einer Pensionskasse versichert, 30'000 Personen stärker als bisher. Insgesamt betrifft die Senkung 100'000 Arbeitnehmende.
Es war ein hochfliegendes Reformprojekt des damaligen SP-Sozialministers Alain Berset (52): die Altersvorsorge 2020, mit der er AHV und Berufliche Vorsorge (BVG) gleichzeitig reformieren wollte. Doch in der Abstimmung 2017 folgte der Absturz. Mit 52,7 Prozent Nein schickte das Stimmvolk die Rentenreform bachab.
Daraufhin packten Bundesrat und Parlament die beiden Säulen getrennt an. Einen knappen Abstimmungserfolg verbuchte Berset zusammen mit der bürgerlichen Parlamentsmehrheit letztens bei der AHV-Reform, mit der eine Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 erfolgte.
Nun ist die Pensionskassen-Reform an der Reihe, die eine bürgerliche Mehrheit im Parlament gegen den Widerstand der Linken durchgebracht hat. Linke und Gewerkschaften haben erfolgreich das Referendum ergriffen, sodass das Stimmvolk nun am 22. September 2024 über die Reform entscheiden wird.
Das sind die wichtigsten Eckwerte:
Tieferer Umwandlungssatz
Der Mindestumwandlungssatz im BVG-Obligatorium soll von heute 6,8 Prozent auf 6,0 Prozent sinken. Das bedeutet: Auf 100'000 Franken angespartes Alterskapital gibt es nur noch 6000 statt 6800 Franken Rente pro Jahr. Das führt zu einer Rentenlücke von rund 12 Prozent.
Rentenzuschlag für Übergangsgeneration
Es ist das eigentliche Herzstück der Vorlage. Die drohende Rentenlücke soll über einen Rentenzuschlag ausgeglichen werden. Allerdings nur für eine Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen. Zudem wird er nach Alter und Einkommen abgestuft. Für die ersten fünf Jahrgänge gibt es maximal 200 Franken monatlich, dann sinkt er ab. Wer weniger als 220'500 Franken in der Pensionskasse hat – etwa ein Viertel der Versicherten – bekommt den vollen Zuschlag. Ein weiteres Viertel mit bis 441'000 Franken Altersguthaben erhält einen Teilzuschlag. Wer mehr Geld im Rentenkässeli hat, geht leer aus. Gut die Hälfte der Versicherten bekommt also nichts. Finanziert wird der Rentenzuschlag über Lohnabzüge – allerdings begrenzt bis 176'400 Franken.
Flexibler Koordinationsabzug
Vom sogenannten Koordinationsabzug hängt ab, wie hoch der versicherte Lohn ausfällt. Einkommen minus Koordinationsabzug ergibt die versicherte Lohnsumme. Galt bisher ein fixer Abzug von 25'725 Franken, soll dieser neu 20 Prozent des Einkommens betragen. Das BVG-Obligatorium gilt bis 88'200 Franken Einkommen. Der Abzug würde in diesem Fall also 17'640 Franken ausmachen. Unter dem Strich bleibt somit ein versicherter Lohn von 70'560 Franken. Auf Letzterem müssten also die Lohnbeiträge bezahlt werden.
Angepasste Altersgutschriften
Die Lohnbeiträge in die Pensionskasse – die sogenannten Altersgutschriften – werden mit der Reform geglättet: Bis im Alter von 44 Jahren beträgt die Altersgutschrift künftig 9 Prozent (bisher 7 beziehungsweise 10 Prozent) auf dem BVG-pflichtigen Lohn. Ab 45 Jahren sind es 14 Prozent (bisher 15 beziehungsweise 18 Prozent). Damit werden die Altersgutschriften gerade bei den älteren Arbeitskräften gesenkt. Das soll ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Die Beiträge sollen wie heute ab 25 Jahren gezahlt werden.
Tiefere Eintrittsschwelle
Um in einer Pensionskasse versichert zu sein, muss man heute bei einem Arbeitgeber mindestens 22'050 Franken jährlich verdienen. Nach einem langen Hin und Her hat sich das Parlament darauf geeinigt, dass die Eintrittsschwelle auf 19'845 Franken sinken soll. Damit würden 70'000 Personen neu in einer Pensionskasse versichert, 30'000 Personen stärker als bisher. Insgesamt betrifft die Senkung 100'000 Arbeitnehmende.
«Faire Renten für Teilzeitarbeiten»
Bäuerinnen leisteten neben ihrer Arbeit auf dem Hof oft zusätzliche Teilzeitarbeiten. Diese Tätigkeiten würden bisher in der Altersvorsorge nicht angemessen berücksichtigt, kritisiert Steiner-Kaufmann: «Für diese Arbeiten verdienen sie endlich eine faire Rente.» Die Reform sei ein wichtiger Schritt, um diese Ungerechtigkeit zu beseitigen und die Altersvorsorge gerechter zu gestalten.
Ob Frauen von der Reform profitieren und die Rentenlücke sich verringert, ist tatsächlich ein Streitpunkt der Reform. Fakt ist: Frauen arbeiten öfter Teilzeit und in Niedriglohnbranchen. Da der versicherte Lohn steigen soll, erhöht sich ihre BVG-Rente. Dies führt jedoch nicht unbedingt zu mehr Geld im Alter.
Durch die höhere Rente könnten sie keine Ergänzungsleistungen (EL) mehr erhalten, zahlen also mehr ein, ohne mehr zu bekommen. Die Auswirkungen der BVG-Reform auf EL-Ansprüche sind unklar, sie bleiben eine Blackbox.
Heftiger Streit um Frauenfrage
Umso heftiger ist ein Streit um die Frauenfrage entbrannt. Die Reform-Befürworterinnen der Frauenorganisation Alliance F führen eine Studie ins Feld, wonach 275’000 Frauen eine höhere Rente erhalten würden, aber nur 67'000 eine tiefere – wobei die Studie die EL-Frage nicht berücksichtigt. Auf der Gegenseite warnt ein Frauenbündnis vor einem «BVG-Bschiss».
Sozialministerin Elisabeth Baume-Schneider (60) sagte im Blick-Interview, es sei besser, eine zweite Säule zu haben, als auf Ergänzungsleistungen angewiesen zu sein. Eine BVG-Rente sei nicht nur eine Ergänzung zur AHV-Rente im Alter, sondern sichere die Menschen auch bei Invalidität oder im Todesfall ab, zum Beispiel mit Witwen- und Witwerrenten.