Auf einen Blick
- Ständerat nahm Vorstoss zur Einschränkung des Schutzstatus S schon an
- Bundesbehörden befürchten negative Auswirkungen auf Schweizer Ruf und Solidarität
- Nationalrat entscheidet am Montag, Kommission empfiehlt knappe Ablehnung
Zieht das Parlament nächste Woche die Schraube für Schutzsuchende aus der Ukraine an? Der Ständerat hat im Sommer einen Vorstoss der St. Galler SVP-Ständerätin Esther Friedli (47) angenommen, die den Schutzstatus S gegenüber heute deutlich einschränken will. Sie verlangt, dass der Schutz in Zukunft auf Personen beschränkt wird, die ihren letzten Wohnsitz in von Russland besetzten oder in umkämpften Gebieten haben.
Nun wird der Nationalrat am Montag darüber befinden. Die zuständige Kommission empfiehlt, das Anliegen abzulehnen, allerdings äusserst knapp.
In ihrem Heimatkanton stosse die Solidarität an Grenzen, sagte Friedli im Ständerat. Sie verwies auf einen Vorstoss, der im St. Galler Kantonsrat angenommenen wurde, und die komplette Aufhebung des Status S vom Bund forderte. «Es braucht jetzt eine Fokussierung auf die Personen, die wirklich schutzbedürftig sind», sagte Friedli.
Der zuständige Bundesrat Beat Jans (60) wehrte sich in der kleinen Kammer vergeblich gegen die Annahme von Friedlis Vorstoss. «Es herrscht Krieg in der Ukraine, die Lage ist im gesamten Land instabil», warnte er. Neben der SVP stimmten auch Mitglieder der FDP und der Mitte für die Verschärfung.
Könnte als «unsolidarisch» empfunden werden
Verwaltungsinterne Dokumente zeigen nun, dass sich die Bundesbehörden um den Ruf der Schweiz sorgen, sollte Friedlis Vorstoss auch eine Mehrheit im Nationalrat finden.
So sei die regionale Beschränkung «aus aussenpolitischer Sicht nicht zu verantworten», heisst es in einem Dokument. «Dies könnte von der EU und insbesondere der Ukraine als unsolidarisch empfunden werden und stünde im Widerspruch zum Engagement der Schweiz für Frieden in der Ukraine», heisst es in einer Auslegeordnung zum Schutzstatus S. Dieser Aussage pflichteten in der Vernehmlassung indirekt auch das Aussendepartement von Ignazio Cassis (63) sowie das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation unter Bundesrat Guy Parmelin (65) bei.
Weiter wäre bei einer frühzeitigen Aufhebung des Schutzstatus S mit einer grossen Anzahl von Asylgesuchen zu rechnen, wird bei Jans' Beamten befürchtet.
SP bekämpft Motion, Mitte gespalten
Bei der Mitte-Partei hat man keine einheitliche Position zur Forderung. Ganz anders bei der SP: Wenn die Motion angenommen würde, sei das aussen- und sicherheitspolitische Signal hochproblematisch, sagt auch die Co-Präsidentin der SP-Bundeshausfraktion, Samira Marti (30). «Putin kann sich dann bei SVP, FDP und Teile der Mitte bedanken. Denn dieses Nachlassen der europäischen Solidarität mit der Ukraine wird in Russland als Kriegserfolg verbucht.»