«Wir verbarrikadieren uns am 1. August drinnen und hören Radio»
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Corinne Meister (48):«Wir verbarrikadieren uns am 1. August drinnen»

Schon 90'000 Unterschriften für ein Verbot
Feuerwerks-Initiative auf der Zielgeraden

In zwei Wochen wird in der Schweiz wieder geböllert, was das Zeug hält. Geht es nach Corinne Meister und ihren Mitstreitern, gehören private Feuerwerke bald der Vergangenheit an. Sie haben schon 90’000 Unterschriften für ein Verbot gesammelt.
Publiziert: 17.07.2023 um 00:12 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2023 um 09:58 Uhr
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Am 1. August wird es in der ganzen Schweiz wieder Feuerwerke geben.
Foto: Keystone
Nathalie Benn

Rot-weisse Lampions schmücken die Strassen, es schmöckt nach Grillrauch, am Abend wird der Himmel von bunten Feuerwerken erleuchtet. Bei vielen ist die Vorfreude auf den Schweizer Nationalfeiertag in zwei Wochen jetzt schon gross.

Corinne Meister (48) hingegen ist nicht in Feierlaune. Die Informatikerin aus Bollingen SG treibt wie jedes Jahr um diese Zeit die Sorge um ihre Lieblinge um. Meister hält Hühner, vier Katzen und einen Hund. «Meine Tiere finden die Böllerei alles andere als toll», sagt sie.

«Amy ist immer total panisch»

Ein Büsi leidet besonders unter dem Lärm der Knallerei am 1. August: «Amy ist immer total panisch, wenn es chlöpft», erzählt sie Blick. Die Katze wisse nicht, wohin mit sich, sei gestresst und rastlos. Und das, obwohl Meister und ihre Tiere in einer ländlichen Idylle wohnen.

Nicht nur ihre eigenen Tiere liegen Meister am Herzen, sondern auch die anderer Menschen und Wildtiere. Sie sitzt im Komitee der Volksinitiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk». Diese fordert, dass private Feuerwerke, die Lärm machen, verboten werden. Feuerwerke seien unzeitgemäss und würden Umwelt, Tieren und Menschen schaden. «Lichtshows, Laser- und Drohnenspektakel sind ebenso schön, ohne Lärm und Gestank zu verursachen», schreiben die Initianten auf ihrer Webseite.

Schon 90'000 Unterschriften

Statt zu böllern, sollten sich Private auf den «Gebrauch von pyrotechnischen Mitteln» beschränken, die keinen Lärm machen. Grosse, repräsentative Feuerwerke von überregionaler Bedeutung sollen auf Gesuch nach wie vor bewilligt werden können: «Wir möchten nicht die grossen, traditionellen Feuerwerke abschaffen, sondern nur der privaten Böllerei ein Ende setzen», sagt Meister.

Und sie ist nicht allein. Bis jetzt haben die Initianten knapp 90’000 Unterschriften gesammelt. Und sie haben noch bis im November Zeit, die fehlenden 10’000 zusammenzukriegen. Das dürfte kein Problem sein: Denn immer, wenn Anlässe mit grossen Feuerwerken wie das Züri Fäscht bevorstehen, kommen neue Unterschriften hinzu.

Feuerwerker appellieren an die Toleranz

«Uns spielt jedes Feuerwerk in die Karten», so Meister. Das zeigte sich auch um Neujahr: Kurz nach Silvester flatterten beim Komitee 14’200 Unterschriften ins Haus. Nach dem 1. August, so die Hoffnung, sollten die 100’000 Unterschriften beisammen sein.

In Frankreich schon Realität

Die Franzosen mussten zu ihrem Nationalfeiertag am Donnerstag schon auf Raketen und Vulkane verzichten. Die Krawalle im Land haben dazu geführt, dass die französische Regierung bis Mitte Juli ein landesweites Feuerwerksverbot erliess, das auch den Nationalfeiertag am 14. Juli mit einschloss. Für Laien war der Verkauf, das Tragen und der Transport von Feuerwerkskörpern nicht möglich.

Premierministerin Élisabeth Borne (62) sprach in einem Interview mit der Zeitung «Le Parisien» davon, «massive Mittel zum Schutz der Franzosen» einzusetzen, um weitere Unruhen zu vermeiden. Vom Verbot ausgenommen sind Organisatoren von professionellen Feuerwerken: «Nur Fachleute, die die Feuerwerke in den Gemeinden organisieren, dürfen sie kaufen», so Borne.

Die Franzosen mussten zu ihrem Nationalfeiertag am Donnerstag schon auf Raketen und Vulkane verzichten. Die Krawalle im Land haben dazu geführt, dass die französische Regierung bis Mitte Juli ein landesweites Feuerwerksverbot erliess, das auch den Nationalfeiertag am 14. Juli mit einschloss. Für Laien war der Verkauf, das Tragen und der Transport von Feuerwerkskörpern nicht möglich.

Premierministerin Élisabeth Borne (62) sprach in einem Interview mit der Zeitung «Le Parisien» davon, «massive Mittel zum Schutz der Franzosen» einzusetzen, um weitere Unruhen zu vermeiden. Vom Verbot ausgenommen sind Organisatoren von professionellen Feuerwerken: «Nur Fachleute, die die Feuerwerke in den Gemeinden organisieren, dürfen sie kaufen», so Borne.

Urs Corradini (64), Präsident der Schweizerischen Koordinationsstelle Feuerwerk, hält wenig von der Initiative. Er appelliert an die Toleranz in der Gesellschaft. Feuerwerke seien bereits heute nur am 1. August und an Neujahr ohne eine Bewilligung erlaubt und würden nach wie vor vielen Menschen Freude bereiten. Diesen Spass solle man ihnen an diesen zwei Tagen lassen.

Städte machen Schluss mit Raketen

Doch das Feuerwerk kommt immer stärker unter Beschuss. So verkauft mit der Migros einer der grössten Detailhändler des Landes keine Raketen mehr. Genf setzte an seinem Fest «Feu ô Lac» im Mai bereits auf ein Drohnenballett, und auch am Züri Fäscht will man künftig auf das grosse Feuerwerk verzichten.

Ob am 1. August statt glitzerndem Funkenregen in Zukunft ein Nachthimmel wie jeder andere zu sehen ist, bleibt abzuwarten – bis ein Verbot in Kraft träte, würde es noch Jahre dauern. Corinne Meister und ihre Katzendame Amy würde es freuen.

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