«Was heit Dir z Gfühl?» Mehr ist Daniel Bussmann nicht zu entlocken. Er könne zurzeit nicht weitersprechen. Dann legt der Geschäftsführer von Bugano, dem grössten Schweizer Feuerwerkshersteller, den Hörer auf. Doch ein erneuter Anruf kommt nicht zustande. Es ist ihm nicht zu verübeln.
Wer mag schon Auskunft geben über ein Geschäft, dem das Pech seit Jahren an den Füssen klebt? Corona-Krise und Hitzesommer vermiesen dem Familienbetrieb mit Sitz in Neudorf LU schon länger die Verkaufszahlen – jetzt kommt noch politischer Widerstand hinzu.
«Relikt aus vergangenen Tagen»
Bugano ist eine beliebte Anlaufstelle für Grossfeuerwerke in der Schweiz. Vater Toni (75) gründete Bugano 1987, machte die Firma schnell über die Region hinaus bekannt. Selbst zum Nationalfeiertag in Katar stiegen Bussmann-Raketen bereits in den Nachthimmel. Seit Juli ist nun Sohn Daniel am Ruder – und sah sogleich einen der wichtigsten 1.-August-Kunden abspringen.
Nämlich das Bielerseefest im bernischen Seeland. Ausgerechnet! Weil das Grossfeuerwerk am Tag vor dem Nationalfeiertag jeweils über dem See in die Luft ging, galt es als besonders hitzeresistent und wurde sogar bei grosser Trockenheit durchgeführt. Dementsprechend reisten in Hitzesommern mit Feuerwerksverboten in vielen Kantonen Leute aus der ganzen Schweiz an.
Doch ein links-grüner Vorstoss im Bieler Stadtrat setzte dem «Relikt aus vergangenen Tagen» ein Ende. Die politischen Erwartungen an ein alternatives Feuerwerk seien nicht umsetzbar, liessen die Veranstalter des Bielerseefests daraufhin ausrichten und sagten die Show ab. «Wir hätten wohl keine Chance auf eine Feuerwerksbewilligung gehabt», sagt OK-Präsident Jürg Engel (59). Eine Drohnenshow hätte mindestens das Doppelte gekostet und sei mit dem aktuellen Budget nicht finanzierbar gewesen, so Engel.
Drohnenshow statt Feuerwerk
In die Bresche springt das benachbarte Lakelive Festival, das jeweils zur gleichen Zeit über die Bühne geht. Um den enttäuschten Seeländern wenigstens etwas Spektakel zu bieten, soll ein Lichtspiel von hundert Drohnen die abgesagten Bussmann-Festspiele vergessen machen.
Drohnen statt Böller und Raketen. Ist das die Zukunft am Schweizer 1.-August-Himmel? Selbst am Hang des Bielersees, nur wenige Kilometer vom Lakelive Festival, wagt sich Marc Loosli (37) bei dieser Frage nicht auf die Äste hinaus. Die Debatte sei «emotional sehr aufgeladen».
Loosli ist Mitgründer des Start-ups Swiss Drone Show mit Sitz in Gerolfingen BE, das die Sause am Bielersee durchführen wird. Er sagt: «Wir sehen uns nicht als Ersatz zum traditionellen Feuerwerk, sondern als Ergänzung.»
Verbot soll in die Verfassung
Das lokalpolitische Drama am Bielersee steht sinnbildlich für den erhöhten politischen Widerstand, mit dem sich Pyro-Fans konfrontiert sehen. Immer mehr Gemeinden kehren dem 1.-August-Feuerwerk den Rücken: Crans-Montana VS zieht eine 15-minütige Drohnenshow einem Feuerwerk vor. Neuenegg BE setzt seit drei Jahren auf ein Wasserspiel. In Arosa GR wird statt Feuerwerk ein Höhenfeuer entzündet.
Privaten ist das Ablassen von Feuerwerk in den meisten Gemeinden nur am 1. August und am 31. Dezember erlaubt. Doch Umwelt- und Tierschützer wollen nun einen Schritt weitergehen und ein ganzjähriges Knallverbot in die Verfassung schreiben. Momentan läuft eine Unterschriftensammlung für ein entsprechendes Volksbegehren. Einzig für «Anlässe von überregionaler Bedeutung» sollen Ausnahmen gemacht werden, steht im Initiativtext.
«Appelliere an die Toleranz»
Die Feuerwerks-Initiative geht Urs Corradini (63), Präsident der Schweizerischen Koordinationsstelle Feuerwerk, gehörig gegen den Strich: «Es sind nur zwei Tage im Jahr. Ich appelliere an die Toleranz!»
Drohnenshows und Co. will er nicht als Konkurrenz betrachten. Einen Seitenhieb kann er sich aber nicht verkneifen. «Die Kraft, die man spürt, und die Emotionen sind bei Feuerwerk einzigartig und nicht mit einer Drohnenshow zu vergleichen.»