Schnellere Zulassung von Bio-Mitteln
Jetzt soll der Bund den Pestizid-Turbo zünden

Dass sie immer weniger giftige Pestizide spritzen dürfen, stellt Bauern vor grosse Herausforderungen. Eine Grünen-Nationalrätin und ein Bürgerlicher spannen nun zusammen, um ihnen zu helfen.
Publiziert: 15.10.2023 um 19:52 Uhr
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Aktualisiert: 16.10.2023 um 11:21 Uhr
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Nicht alle Pflanzenschutzmittel sind gefährlich für Mensch und Natur.
Foto: imago images/photothek
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Lea HartmannRedaktorin Politik

Beim Thema Pestizide ist die Kluft zwischen Ökolager und Bürgerlichen in der Regel gross. Doch dieses Mal ziehen Grünen-Nationalrätin Christine Badertscher (42) und Philipp Matthias Bregy (45), Fraktionschef der Mitte, am selben Strick.

Die beiden sind sich einig: Die Bauern stehen vor einem Problem. Sie müssen von den chemisch-synthetischen Pestiziden wegkommen. So will es die Politik. Was aber ist die Alternative? Selbst die Grünen sind sich im Klaren, dass es ganz ohne Mittel zur Bekämpfung von Schädlingen oder Pilzen nicht geht. Doch seit Jahren entziehen die Behörden viel mehr Pestiziden die Zulassung, als dass neue Mittel, die die Umwelt weniger belasten, auf den Markt kommen.

Verfahren dauert oft Jahre

Bregy und Badertscher wollen den Landwirten helfen. Sie fordern, dass Pflanzenschutzmittel mit geringem Risiko künftig schneller zugelassen werden. Beide haben einen entsprechenden Vorstoss im Nationalrat eingereicht.

Heute dauere ein Zulassungsverfahren gut und gern fünf oder mehr Jahre, sagt Deborah Meier, Präsidentin des Schweizer Dachverbands der biologischen Pflanzenschutzmittel-Hersteller (IBMA). Dabei spiele es keine Rolle, ob ein Mittel nachweislich ein geringes Risiko aufweise oder nicht, sagt sie. Stoffe mit geringem Risiko sind Substanzen, die beispielsweise nicht krebserregend, akut toxisch oder giftig für Wasserorganismen sind.

Schneller, aber nicht weniger genau

Die beiden Nationalräte wollen, dass solche Stoffe innert eines halben Jahres mindestens provisorisch zugelassen werden können. Badertscher betont, dass schneller nicht bedeute, weniger genau hinzuschauen.

Vom schnelleren Verfahren profitieren könnten laut Bregy insbesondere Bio-Pflanzenschutzmittel. Meier nennt als Beispiel für solche Stoffe bestimmte Bakterien, Viren und Pilze – «sehr spezifische natürliche Gegenspieler, die bereits in der Umwelt vorkommen». In der EU seien einige davon heute schon als Substanzen mit geringem Risiko zugelassen. Es gibt aber auch chemische Stoffe, die darunter fallen können.

WWF grundsätzlich offen

Der Vorschlag stösst bei Umweltorganisationen auf offene Ohren. «Grundsätzlich ist eine schnelle Beurteilung von Wirkstoffen und Produkten mit geringem Risiko sinnvoll», sagt Eva Wyss, Landwirtschaftsexpertin beim WWF. Der Vorstoss dürfe aber nicht dazu führen, dass die Beurteilung unsorgfältig und mangelhaft durchgeführt werde. Der Bund müsse genügend Zeit haben, um die Beurteilung der Hersteller zu überprüfen.

Der WWF sträubt sich deshalb dagegen, eine konkrete Frist festzulegen. Ausser, das Parlament sei bereit, dem zuständigen Amt deutlich mehr Ressourcen zur Verfügung zu stellen.

Zankapfel Pestizid-Zulassung

Die Pestizid-Zulassung gibt in der Politik seit langem zu reden. Vor einem halben Jahr hatte die Chemie-Lobby versucht, das Mitspracherecht von Umweltverbänden zu beschneiden. Der Versuch ist gescheitert. Die Befürworter hatten mit den langen Zulassungsverfahren argumentiert, an denen die Verbände mit ihren Einsprachen schuld seien.

Doch ein Problem ist auch, dass die Beamten kaum nachkommen. Vergangenes Jahr hatten National- und Ständerat sechs zusätzliche Vollzeitstellen für die Bearbeitung der Zulassungsgesuche bewilligt. Waren Ende Jahr rund 800 Gesuche hängig, sind es heute – auch, weil laufend neue Gesuche eintrudeln – immer noch rund 700.

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