Roter Pass schon nach fünf Jahren?
Demokratie-Initiative will tausende Ukrainer und Asylsuchende einbürgern

Die letzte Woche eingereichte Demokratie-Initiative will die Hürden für das Schweizer Bürgerrecht senken. Blick zeigt: Davon würden auch Asylsuchende profitieren, deren Gesuch länger als fünf Jahre hängig ist. Auch tausende Ukrainer mit Status S wären betroffen.
Publiziert: 04.11.2024 um 12:40 Uhr
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Aktualisiert: 04.11.2024 um 14:14 Uhr
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Ein Ja zur Demokratie-Initiative hätte Konsequenzen für den Asylbereich.

Auf einen Blick

  • Demokratie-Initiative will Ausländer schneller einbürgern
  • Tausende Ukrainer wären um den Abstimmungstermin herum just fünf Jahre lang in der Schweiz
  • Auch Asylsuchende mit hängigem Gesuch wären betroffen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Céline ZahnoPraktikantin Politik

Rund ein Viertel der Einwohner in der Schweiz hat keinen roten Pass. Das sind fast 2,5 Millionen Menschen – und obwohl etwa die Hälfte von ihnen die Voraussetzungen für das Bürgerrecht erfüllt, lassen sich jährlich nur rund 40'000 Personen einbürgern.

Für die Aktion Vierviertel ist klar: Die Hürden für die Einbürgerung sind zu hoch. Tatsächlich gelten die Schweizer Regeln für die Einbürgerung im internationalen Vergleich als restriktiv. Darum hat die Allianz vergangene Woche eine Initiative eingereicht, die verlangt, dass Ausländer schneller eingebürgert werden.

Neu soll schon nach fünf Jahren rechtmässigen Aufenthalts in der Schweiz eine Einbürgerung möglich sein, unabhängig von der Niederlassungsbewilligung. Und auch die meisten anderen Kriterien sollen gelockert werden oder ganz fallen, fordert die Initiative. Keiner soll mehr in einem Test beweisen müssen, dass man integriert ist, oder der Bezug von Sozialhilfe soll kein möglicher Ablehnungsgrund mehr sein.

Asylbewerber wären plötzlich eingebürgert

Eine Annahme würde auch das Asylwesen betreffen. Denn mit den tieferen Kriterien für den roten Pass hätten neu viel mehr Menschen Anspruch: Darunter auch Asylbewerber, bei denen das Asylgesuch nach fünf Jahren noch hängig ist.

Für die Aktion Vierviertel ist das kein Problem: «Wenn ein Asylverfahren fünf Jahre oder sogar länger dauert, ist das ein Problem der Asylpolitik, nicht des Bürgerrechts», schreibt Era Shemsedini von der Geschäftsstelle auf Anfrage.

Laut dem Staatssekretariat für Migration (SEM) betreffe das nur eine sehr kleine Anzahl von Asylgesuchen – die Zahl der Fälle dürfte «im ein- bis tiefen zweistelligen Bereich» liegen, schreibt das Bundesamt auf Anfrage. Das ist eine Schätzung. Denn das SEM führt nur eine Erhebung über die Dauer vom ursprünglichen Asylgesuch bis zum ersten Entscheid. Gegen den können Asylsuchende aber auch noch Beschwerde einlegen. Über die Zeitspanne bis zum finalen Gerichtsentscheid führt das SEM keine Statistik.

Gemäss Anwalt Michael Steiner (51) ist die Schätzung des SEM zu tief. Er vertritt selbst Asylsuchende und war früher als stellvertretender Sektionschef für Asylverfahren beim SEM zuständig. «Alleine ich vertrete momentan 33 Personen, die ihr Asylgesuch vor mehr als fünf Jahren gestellt haben und noch keinen rechtskräftigen Asylentscheid haben», sagt Steiner.

Vom Schutzstatus S zum roten Pass

Nicht nur Menschen mit hängigem Asylgesuchen wären von der Initiative betroffen. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer mit Schutzstatus S hätten dann die Fünf-Jahres-Marke gerade erreicht – die ersten Flüchtlinge trafen kurz nach Kriegsbeginn im Februar 2022 in der Schweiz ein.

Momentan sind rund 40'000 Menschen mit Schutzstatus S in der Schweiz. Sie würden den roten Pass allerdings nur erhalten, wenn der Schutzstatus nach März 2026 nochmals verlängert wird. Und zwar ist momentan kein Ende des Krieges absehbar, die Umsetzung der Initiative würde aber auch noch einige Jahre dauern. Was bis dann mit dem Schutzstatus S passiert, ist noch nicht klar.

Das Schweizer Stimmvolk dürfte etwa in drei Jahren an der Urne über das Anliegen abstimmen.

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