Rote Karte für Steuerfoul
Wie Beckenbauer die Schweiz erschütterte

Ende der 1970er Jahre verlegte der «Kaiser» seinen Wohnsitz nach Sarnen im Kanton Obwalden. Der deutsche Fussballstar Franz Beckenbauer trat dann mehrere Skandale los.
Publiziert: 08.01.2024 um 19:26 Uhr
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Aktualisiert: 08.01.2024 um 21:02 Uhr
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Franz Beckenbauer war eine Ikone des Fussballs. Am Sonntag verstarb der «Kaiser» im Alter von 78 Jahren.
Foto: keystone-sda.ch

Weltweit bleibt der am Sonntag verstorbene Franz Beckenbauer (†78) als begnadeter Ballzauberer in Erinnerung – in Sarnen im Kanton Obwalden allerdings auch als Finanzjongleur. Ende der 1970er-Jahre hatte der «Kaiser» seinen Wohnsitz dorthin verlegt. Hier aber sorgte er nicht nur für viel Freude, sondern auch für eine Steueraffäre, die die Schweiz erschüttern sollte, wie die «NZZ» schreibt.

Damals spielte Beckenbauer im Herbst seiner Karriere für New York Cosmos. Für drei Jahre beim US-Club soll er sieben Millionen Mark verdient haben, womit er damals international zu den Grossverdienern gehört haben soll. Um Steuern zu sparen, habe der Weltstar in Sarnen eine Attikawohnung gekauft. Wie viel Steuern er zahlen musste, sei bis heute geheim. Gerüchte halber sollen es nur 20'000 Franken pro Jahr gewesen, schreibt die «NZZ».

Steuerbeamte drückten zu viele Augen zu

Daneben wird Beckenbauer Investor. Im Oktober 1979 nimmt das «Franz Beckenbauer Tennis Center» seinen Betrieb auf. Nach nur wenigen Jahren aber zieht es den Deutschen weiter. 1984 zügelt Beckenbauer nach Kitzbühel (A).

Erst zwei Jahre später braute sich besagte Steueraffäre zusammen. Interne Kontrollen bei der Steuerverwaltung hätten zutage gebracht, dass die Beamten bei den Deals mit zahlungskräftigen Zuzügern ein paar Augen zu viel zugedrückt haben. Die Eidgenössische Steuerverwaltung habe die Ausfälle auf 22 Millionen Franken geschätzt – ein riesiger Betrag für den Kanton Obwalden.

Obwalden geriet unter Bevormundung des Bundes

Im Bergkanton sollen die Behörden bei der Aufklärung der undurchsichtigen Fälle gar nicht aufs Gas gedrückt haben. Schliesslich seien die halbe Steuerverwaltung und einige Politiker in die Affäre verwickelt gewesen, berichtet die «NZZ» weiter. Das habe den damaligen Finanzminister Otto Stich (1927-2012) auf den Plan gerufen. Dem SP-Bundesrat seien die dubiosen Steuerpraktiken schon lange ein Dorn im Auge gewesen.

Stich stellte den Kanton Obwalden 1986 unter Bevormundung. Die kantonalen Steuerbehörden durften nur noch die absolut problemlosen Fälle behandeln, um alles andere kümmerte sich der Bund. Ein einmaliger Vorgang, der in Obwalden gar nicht gut ankam.

Auch Beckenbauer kommt nicht ungeschoren davon. Er ist Mitbesitzer der Firma Heka GmbH, deren Aufgabe «die internationale Verwertung von Werberechten, insbesondere auf dem Gebiet des Sports», ist. Sein Partner will das Unternehmen flüssigmachen und habe dabei versucht, die daraus resultierenden rund 1,2 Millionen Franken für Beckenbauer an der Steuer vorbeizuschleusen. Vermögenswerte seien über verschiedene Stationen nach Obwalden verschoben worden, um sie vor den Münchner Steuerbehörden in Sicherheit zu bringen.

Sarnen sollte viel später nochmals eine Rolle spielen

Das Bundesgericht beurteilt das Ende 1986 als Steuerhinterziehung. Beckenbauer musste beträchtliche Nachsteuern abliefern sowie eine Busse von 20'000 Franken zahlen.

Für den «Kaiser» war das Kapitel damit abgeschlossen. Erst 2016 sollte Obwalden in seinem Leben nochmals eine Rolle spielen: Als OK-Chef der als «Sommermärchen» bekannten Fussball-WM im Jahr 2006 ist er Hauptperson eines gewaltigen Korruptionsskandals. Dies, nachdem der «Spiegel» behauptet hat, das Bewerbungskomitee habe 10 Millionen Franken bezahlt, um die Vergabe des Turniers nach Deutschland zu erkaufen.

Ermittlungen zeigten, dass 2002 tatsächlich Geld vom damaligen Adidas-Chef Jean-Louis Dreyfus auf ein Konto in Katar geflossen ist. Drehscheibe für die Transaktion zum mutmasslichen Stimmenkauf war eine Anwaltskanzlei in Sarnen, schreibt die «NZZ». Mit einigen Jahren Verzögerung sei der Steuersitz Sarnen so für Beckenbauer noch einmal zum Stolperstein geworden. (dba)

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